Neue Potsdamer Konferenz

Eine Tagung widmet sich den historischen Ereignissen und den aktuellen Gefahren für den Frieden

Ein Initiativkreis der linken Sammlungsbewegung Aufstehen in Potsdam hat den Termin ein Jahr lang vorbereitet. Vier Mitstreiter haben sich regelmäßig damit befasst, drei seien gelegentlich für bestimmte Aufgaben dazugestoßen, berichtet Cornelia Gottschalk. Am 29. August soll es im Potsdam-Museum, Am Alten Markt 9, um 13.30 Uhr eine neue Potsdamer Konferenz geben. Sie wird sich nicht allein mit dem Geschehen von einst befassen, den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs, die sich vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 im Schloss Cecilienhof zur historische Potsdamer Konferenz getroffen hatten, um die Nachkriegsordnung festzulegen. Es soll sich bei der Tagung auch um die heute wieder verhärteten Fronten, um die Gefahr einer militärischer Konfrontation drehen. Denn zwischen Nato und Russland herrscht so etwas wie ein zweiter Kalter Krieg.

Während in Schloss Cecilienhof der sowjetische Staatschef Josef Stalin mit US-Präsident Harry S Truman und dem britischen Premier Winston Churchill (nach dessen Abwahl ersetzt durch Clement Attlee) verhandelt hatten, zeigten sich »Risse in der Antihitlerkoalition« und der »Beginn des Kalten Krieges« kündigte sich an, heißt es in einem Veranstaltungshinweis zur Tagung »75 Jahre Potsdamer Konferenz - Höchste Zeit für Neubesinnung auf Entspannung und friedliche Zusammenarbeit«. Die Welt stehe vor neuen Herausforderungen, die durch Kriege, Brüche des Völkerrechts und Aufrüstung gekennzeichnet sei. Ein Symptom dafür sind Nato-Manöver an den russischen Grenzen. »Potsdam möchte aus gegebenem Anlass sein starkes Signal für Frieden und Zusammenarbeit in historischer Verantwortung senden.«

Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) könne zwar nicht selbst kommen, habe aber die Übersendung eines Grußworts zugesichert, berichtet Cornelia Gottschalk vom Initiativkreis. Platzeck ist seit dem Jahr 2014 Vorstandsvorsitzender des deutsch-russischen Forums. Den Eröffnungsvortrag über die Potsdamer Konferenz 1945 und die Neuordnung Europas werde der Historiker Peter Brandt halten. Er ist der Sohn des 1992 verstorbenen Widerstandskämpfers und Ex-Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD). Anschließend spricht der Bundestagsabgeordnete Alexander Neu (Linke) über globale Veränderungen und die neue Rolle der Deutschen in der Europa und Weltpolitik.

Weitere Themenblöcke widmen sich dem Potsdamer Abkommen und der Charta der Vereinten Nationen sowie der Sicherheit und Zusammenarbeit mit Russland. Zu Gast sind dazu unter anderen der Historiker Siegfried Prokop, die ehemalige ARD-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz, die Schriftstellerin Daniela Dahn und Albrecht Müller, Herausgeber der Nachdenkseiten.

Ursprünglich war eine zweitägige Tagung anvisiert. Angesichts der Coronakrise wurde das Programm auf einen halben Tag eingedampft. Es sollen auch aus Gründen des Infektionsschutzes nie mehr als drei Personen gleichzeitig auf dem Podium sitzen. Was die Zuhörer betrifft, gilt ebenfalls eine Begrenzung. Gottschalk orientiert Interessierte deshalb darauf, am 29. August nicht ins Potsdam-Museum zu kommen, sondern die Veranstaltung live im Internet mitzuverfolgen. Sie werde bei Weltnetz-TV übertragen. Eine Aufzeichnung könne man sich auch noch später anschauen, sagt sie.

Zur Zeit der Potsdamer Konferenz war Hitlerdeutschland bereits niedergerungen, das militaristische Japan hatte allerdings noch nicht kapituliert. Bekanntlich erteilte US-Präsident Truman von Potsdam aus den Befehl zum Abwurf der Atombombe auf Hiroshima, der am 6. August erfolgte. Drei Tage später fiel die Bombe auf Nagasaki. In Hiroshima sind mindestens 110 000 Todesopfer zu beklagen und in Nagasaki 36 000, die an Spätfolgen der Verstrahlung Verstorbenen noch nicht mitgerechnet.

In Potsdam werden am 6. August die Glocken von St. Peter und Paul, St. Nikolai, der Friedenskirche und der Erlöserkirche läuten, um an die Opfer der Atombombe zu erinnern. Die Zeit zwischen 8.15 bis 8.20 Uhr, orientiere sich am Zeitpunkt des Abwurfs der Bombe auf Hiroshima, teilte die Potsdamer Stadtverwaltung am Montag mit. Die Aktion sei initiiert worden vom weltweiten Netzwerk »Mayors for Peace« (Bürgermeister für den Frieden), »welches sich für eine friedliche und nuklearwaffenfreie Welt einsetzt und in welchem die Landeshauptstadt Potsdam Mitglied ist«.

Nahe des Griebnitzsees, wo Truman während der Potsdamer Konferenz wohnte, gibt es einen Hiroshima-Nagasaki-Platz. Zunächst hieß der Ort lediglich Hiroshima-Platz. Doch 2011 beschlossen die Stadtverordneten von Potsdam, Nagasaki in den Namen einzufügen.

Cornelia Gottschalk vom Initiativkreis bedauert, dass die Coronakrise in der öffentlichen Wahrnehmung die Erinnerung an den 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, aber auch gerade an Hiroshima und Nagasaki in den Hintergrund gedrängt habe. Bei Gesprächen mit jüngeren Generationen drehe es sich oft um die Klimakatastrophe, die Kriegsgefahr werden leider nicht so ernst genommen. Gerade darum hielt Gottschalk die bevorstehenden Jahrestage der Atombombenabwürfe für den richtigen Zeitpunkt, auf die neue Potsdamer Konferenz am 29. August hinzuweisen. Nach aktuellem Stand werde diese Tagung von der Stadt Potsdam gefördert.

Seit dem 23. Juni und bis zum 31. Dezember zeigt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten im Schloss Cecilienhof die Ausstellung »Potsdamer Konferenz 1945. Die Neuordnung der Welt«. Zum Preis von 24,90 Euro ist dazu im Sandsteinverlag ein 264 Seiten umfassender Begleitband mit vertiefenden Informationen erschienen. Auf die Ausstellung weist ein Plakat hin, das Churchill, Stalin und Truman zeigt, wie sie nebeneinander in Korbsesseln sitzen. Über dem Kopf von Truman entfaltet sich ein Atompilz.

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