Klärung des Vorsteuerabzugs für das neue Arbeitszimmer

Bundesfinanzhof ruft Europäischen Gerichtshof (EuGH) an

  • Jörg Passau
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines sogenannten Zuordnungswahlrechts beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht getroffen wurde.

Unter Hinweis auf die entsprechende Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Januar 2020 hat der BFH nun mit Beschluss vom 18. September 2019 (Az. XI R 3/19) den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.

Der Kläger, der einen Gerüstbaubetrieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 150 m², wovon auf ein Zimmer (»Arbeiten«) ca. 17 m² entfielen (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28. September 2016 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015 - nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen - machte der Kläger für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig (bis zum 31. Mai des Folgejahres als gesetzlicher Abgabetermin der Steuererklärung) erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen.

Der BFH vertritt die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil unbegründet wäre. Zweifelhaft sei jedoch, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe.

Zwar gehe das Unionsrecht in Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ausdrücklich von einer »Zuordnung« von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu.

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat. Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Handhabung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sogenannter gemischter Nutzung erleichtern.

In einem weiteren Verfahren, das den Erwerb einer Photovoltaikanlage durch einen Privatmann betrifft, hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss (Az. XI R 7/19) ebenfalls den Europäischen Gerichtshof angerufen.

Der Autor ist Steuerberater, Vizepräsident des Deutschen Unternehmenssteuer Verbandes (DUV) mit Sitz in Kiel.

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