Der Rückholer

Personalie: Emery Mwazulu Diyabanza

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 2 Min.

Es erinnert unweigerlich an eine Szene aus dem Hollywoodfilm »Black Panther«: Ein Schwarzer Mann kommt in eine Kunstausstellung im Pariser Museum Quai Branly, vermeintlich als interessierter Besucher. Doch eigentlich ist er darauf aus, etwas mitzunehmen, das in seinen Augen nicht dem Museum gehört. »Ich bin hierhergekommen, um zurückzuholen, was uns gehört«, ruft der 1978 in der heutigen Demokratischen Republik Kongo geborene Emery Mwazulu Diyabanza in einem Video, das er Mitte Juli live auf Facebook streamte. Mit einem weniger blutigen Ende als die Black-Panther-Szene ist dort zu sehen, wie Diyabanza gemeinsam mit einem Mitstreiter einen Totempfahl aus dem 19. Jahrhundert, der aus der Region um die heutigen Länder Tschad und Sudan stammt, im Museum Quai Branly abmontiert und in Richtung Ausgang trägt. Ähnliche Aktionen fanden im Sommer auch in anderen Museen statt.

Diyabanza, der in seiner frühen Jugend in die Union für Demokratie und sozialen Fortschritt eintrat und auch später immer politisch aktiv blieb, ist heute Sprecher der panafrikanischen Organisation Yankanku: Unité Dignité, Courage, die sich für Reparationen für Kolonialismus, Sklaverei und kulturelle Aneignung einsetzt. Er und vier weitere Aktivisten stehen nun für versuchten Diebstahl vor Gericht. Für ihre Aktion im Quai Branly forderte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch Geldbußen von 500 bis 1000 Euro; gesetzlich möglich wären bis zu zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe von 150 000 Euro. Das Urteil wird am 14. Oktober erwartet.

Doch für die Aktivisten liegt der Diebstahl anderswo. Diyabanza zählt in dem Video auf, wie viele Werke aus Afrika von Europäern geraubt wurden und nun den europäischen Museen Profite bringen. Allein in Frankreichs Museen befinden sich rund 90 000 Objekte afrikanischen Kulturerbes. Ein Werk wurde seit Macrons Ankündigungen 2017 restituiert. »Sie machen sich zum Komplizen von Macron,« rief Diyabanza dann auch dem Sicherheitspersonal zu, das ihn stoppte - und den Zuschauer*innen des Videos. Ulrike Wagener

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