»Die nächsten 48 Stunden sind entscheidend«

Über den Gesundheitszustand des US-amerikanischen Präsidenten kursieren viele Spekulationen

  • Andrej Sokolow, Washington
  • Lesedauer: 4 Min.

US-Präsident Donald Trump hat nach einer Corona-Infektion die zweite Nacht in Folge in einem Militärkrankenhaus verbracht. In einer Videobotschaft aus dem Krankenhaus sagte der 74-Jährige: »Ich fange an, mich wieder gut zu fühlen.« Doch »die wahre Prüfung« komme erst noch. Auch vom Leibarzt gab es keine Entwarnung: »Während er noch nicht über den Berg ist, bleibt das Team vorsichtig optimistisch«, erklärte Arzt Sean Conley in der Nacht zum Sonntag. Die Stunden zuvor waren geprägt von widersprüchlichen Aussagen zu Trumps Gesundheitszustand, zum Zeitpunkt der positiven Corona-Diagnose und zur Behandlung.

Von einem »Glaubwürdigkeitsproblem« des Weißen Hauses und »Fragen über die Fähigkeit der Regierung, die Wahrheit zu sagen«, sprach der Sender CNN. Die Verwirrung um Trumps Zustand sorgte für weitere Turbulenzen im ohnehin chaotischen Wahljahr. Am 3. November stellen sich Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden zur Wahl.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Nach den Angaben von Arzt Conley hat Trump »erhebliche« Fortschritte seit seiner Corona-Diagnose gemacht. Er habe kein Fieber mehr und brauche keinen zusätzlichen Sauerstoff. Die Sauerstoffsättigung von Trumps Blut habe zuletzt bei 96 bis 98 Prozent gelegen. Das ist ein wichtiger Wert: Wenn Covid-19 die Lunge angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.

Darüber hinaus habe Trump ohne Komplikationen eine zweite Dosis des Medikaments Remdesivir erhalten. Es hemmt ein Enzym der Viren, das für deren Vermehrung nötig ist. Der Arzt hatte zuvor eine fünftägige Behandlung Trumps mit dem Mittel in Aussicht gestellt. Außerdem habe Trump gearbeitet und sich ohne Schwierigkeiten in seinem Quartier im Krankenhaus, zu dem auch Büroräume gehören, bewegt.

Das Weiße Haus veröffentlichte Bilder, auf denen zu sehen war, wie Trump von einem Schreibtisch und einem Konferenztisch in der Klinik aus Dokumente bearbeitete. Auf einem der Bilder trug er dabei einen Anzug ohne Krawatte, auf dem anderen ein weißes Hemd. Der Präsident vermittelte Zuversicht: »Ich denke, ich werde bald zurück sein«, sagte er in der Videobotschaft.

Trump war am Freitagabend per Hubschrauber in das Militärkrankenhaus Walter Reed nördlich von Washington geflogen worden. Nach CNN-Informationen habe er zunächst gezögert, sich in der Klinik behandeln zu lassen. Unter Berufung auf informierte Kreise berichtete der Sender, Trumps Berater mussten ihn im Weißen Haus erst davon überzeugen, an Bord der Marine One zu steigen. Trump habe vermeiden wollen, ernsthaft krank zu erscheinen. Hochrangige Regierungsmitarbeiter entschieden den Angaben zufolge, Trump erst nach Börsenschluss ins Krankenhaus zu bringen, um einen Absturz der Aktienkurse zu vermeiden.

Wie die »New York Times« unter Berufung auf Ärzte schrieb, beträgt die kritische Zeitspanne nach einer Corona-Infektion, in der sich der Zustand eines Patienten verschlechtern kann, etwa sieben bis zehn Tage. Trumps Behandlung ziele darauf ab, einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern. Gleichzeitig sei sie ein Hinweis darauf, dass der Zustand des Präsidenten möglicherweise nicht immer so gut war, wie seine Ärzte offiziell berichteten, hieß es weiter.

Am Samstag war die Verwirrung groß: Erst zeichneten Conley und sein Ärzteteam ein positives Bild. Wenige Minuten später hieß es unter Berufung auf eine informierte Person: »Wir befinden uns noch immer nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung.« Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend. Die anonyme Quelle war laut Medienberichten Stabschef Mark Meadows.

Im TV-Sender Fox News bestätigte Meadows, dass Trumps Corona-Infektion einen schwereren Verlauf genommen hatte als zunächst dargestellt. »Gestern waren wir wirklich besorgt«, sagte Meadows am Samstagabend. »Er hatte Fieber, die Sauerstoffsättigung seines Bluts war rapide gefallen.«

Nach Medienberichten wurde Trump am Freitag im Weißen Haus zusätzlicher Sauerstoff zugeführt, bevor er ins Krankenhaus geflogen wurde. Das Weiße Haus hatte betont, dass Trump leichte Erkrankungssymptome habe und nur als Vorsichtsmaßnahme in die Klinik gebracht worden sei. Trump wurde am Donnerstag positiv auf das Coronavirus getestet. Conley wich einer genauen Antwort auf die Frage aus, ob Trump zusätzlich Sauerstoff erhalten habe. dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal