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Zwischen Medizin und Moral
Steffen Schmidt über Vorschläge zu einer Covid-19-Impfstrategie
Gutes Timing oder einfach nur Zufall? Der Pharmariese Pfizer informiert per Pressemitteilung, dass der von Biontech entwickelte neuartige Covid-19-Impfstoff in einer laufenden Zulassungsstudie einen 90-prozentigen Impfschutz aufgebaut habe. Und zur gleichen Zeit gibt es eine gemeinsame Empfehlung der hiesigen Impfkommission, des Ethikrates und der Nationalakademie Leopoldina, wie man den Zugang zu den Impfstoffen regeln soll. Das Vorgehen hierzulande ist in gewisser Weise ein Novum. Denn seit dem Ende der Pocken und der Kinderlähmung hat die Bundesrepublik Infektionsschutz mehr oder minder als Privatangelegenheit behandelt.
Bei Covid-19 dagegen empfehlen die Experten nicht nur eine genau nach Gefährdungspotenzial und medizinischer Wirkung abgestufte Rangfolge für den Zugang zur Impfung, sie wünschen sich dafür auch eine gesonderte gesetzliche Regelung. Zudem setzen sie bei der Impfstrategie statt auf die Hausärzte auf staatlich beauftragte Impfzentren. Angesichts der derzeitigen Überforderung von Gesundheitsämtern und des Mangels an Amtsärzten fragt man sich allerdings, wie das praktisch aussehen soll.
Die Vorteile einer derartigen Regelung allerdings sind unübersehbar. Zum einen ist besser garantiert, dass die zu Anfang knappen Impfstoffe - mehrere sind derzeit in der letzten Phase der klinischen Tests - zuerst dort landen, wo sie den größten Nutzen haben. Zum anderen lässt sich so besser die Nachsorge organisieren. Denn bei den meisten derzeit getesteten Impfstoffen kommt ein bisher beim Menschen nicht eingesetztes Prinzip zur Anwendung. Es gibt also kaum Erfahrungen über die Dauer eines Impfschutzes oder zu möglichen Nebenwirkungen. Und die Pfizer-Ergebnisse etwa haben mit 94 Probanden eine noch recht dünne Basis.
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