Erhöhtes Kurzarbeitergeld bis Ende 2021

Welche steuerlichen Folgen ergeben sich aus den beschlossenen Änderungen?

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 5 Min.

Wer von Kurzarbeit betroffen ist, kann bis Ende nächsten Jahres damit rechnen, dass bis zu 87 Prozent des Verdienstausfalls als Kurzarbeitergeld gezahlt werden. Diese und andere wichtige Sonderregelungen wurden jetzt von Bundestag und Bundesrat um ein Jahr verlängert. Erhalten bleibt der Progressionsvorbehalt.

Das bedeutet: Wer mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld erhalten hat, muss 2020 eine Steuererklärung abgeben und unter Umständen damit rechnen, dass Steuern nachgezahlt werden müssen.

Steuerliche Erleichterungen für Alleinerziehende

Die Koalition will Alleinerziehende steuerlich besser stellen. Der steuerliche Entlastungsbetrag solle für sie dauerhaft auf 4008 Euro pro Jahr verdoppelt werden, wie die Bundesregierung Anfang Dezember mitteilte. Davon sollten knapp eine Million Alleinerziehende in Deutschland profitieren. Eine entsprechende Einigung sei mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erzielt worden. AFP/nd

Die Nachfolgeregelungen bis Ende 2021

Die Nachfolgeregelungen sind in dem »Beschäftigungssicherungsgesetz« festgelegt. Das gilt nun bis Ende 2021:

Das Kurzarbeitergeld erhöht sich ab dem vierten Monat von 60 auf 70 Prozent (mit Kind 77 Prozent). Ab dem siebten Monat zahlt die Arbeitslosenversicherung 80 Prozent des Verdienstausfalls bzw. 87 Prozent, wenn ein Kind im Haushalt lebt. Der erhöhte Verdienstausfall wird allerdings nur gezahlt, wenn der Anspruch auf Kurzarbeitergeld vor dem 31. März 2021 entstanden ist.

Die Hinzuverdienst-Regelung wird ebenfalls verlängert. Nimmt ein von Kurzarbeit betroffener Arbeitnehmer einen weiteren Job an, dann wird der Verdienst aus dieser Tätigkeit bis Ende 2021 nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Voraussetzung dafür: Der Betroffene geht einer »geringfügig entlohnten Beschäftigung« nach, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde.

Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, aber …

Das Kurzarbeitergeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Was heißt das? Der gezahlte Ausgleich für den Verdienstausfall wird zur Berechnung des Steuersatzes herangezogen. Das Finanzamt ermittelt das zu versteuernde Einkommen des Jahres. Das steuerfreie Kurzarbeitergeld wird dazugerechnet. Falls ein Arbeitnehmer andere Lohnersatzleistungen erhalten hat, wie etwa Krankengeld oder Elterngeld, werden auch diese hinzugerechnet. Aus dem Gesamtbetrag errechnet der Fiskus die Höhe des prozentualen Steuersatzes. Mit dem sich daraus ergebenden Steuersatz wird das vorher errechnete zu versteuernde Einkommen versteuert.

Das heißt: Über den Progressionsvorbehalt tragen alle Lohnersatzleistungen dazu bei, dass die steuerpflichtigen Einnahmen höher besteuert werden.

Der so erhöhte Steuersatz kann bei vielen Arbeitnehmern außerdem dazu führen, dass sie Steuern nachzahlen müssen. In jedem Fall müssen Kurzarbeiter aber eine Steuererklärung abgeben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rät dazu, zu aller Vorsicht 10 bis 15 Prozent des Kurzarbeitergeldes zurückzulegen.

Wie die Kurzarbeit in der Praxis funktioniert

Kurzarbeit ist ein Mittel zur Sicherung der Beschäftigung. In den Entwurf zum jetzt verabschiedeten Beschäftigungssicherungsgesetz schrieb der Gesetzgeber: »Ohne die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit erheblich höher ausgefallen.«

Nach den letzten vorliegenden Zahlen vom August 2020 erhalten 2,58 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld - das sind schon deutlich weniger als noch im April 2020. In dem Monat war mit 6 Millionen betroffenen Arbeitnehmern die Höchstmarke aufgestellt worden. Von einer Entspannung der Situation kann also derzeit noch nicht ausgegangen werden.

Bundestag und Bundesrat hatten bereits im März 2020 den Zugang zur Kurzarbeit erleichtert. Der Arbeitgeber muss Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Wird die Kurzarbeit mit der Corona-Pandemie begründet, verzichtet die Arbeitsagentur auf die normalerweise aufwendige Prüfung der wirtschaftlichen Gründe.

Ist Kurzarbeit noch nicht im Arbeitsvertrag geregelt, dann muss der Arbeitgeber diese mit dem Arbeitnehmer bzw. dem Betriebsrat vereinbaren.

Kurzarbeitergeld wurde als Option entwickelt, den Lohnausfall für die Beschäftigten so gering wie möglich zu halten. Kurzarbeitergeld ist keine »Sozialleistung«. Vielmehr wird das Geld aus der Arbeitslosenversicherung gezahlt. Der Vorteil für die Arbeitgeber: Das Arbeitsverhältnis besteht weiter und die Kurzarbeit kann jederzeit beendet oder variiert werden. Die Arbeitnehmer bleiben dem Unternehmen somit erhalten.

Kurzarbeitergeld erhalten die Betroffenen nicht direkt von der Agentur für Arbeit. Vielmehr zahlt das der Arbeitgeber aus. Dieser bekommt das Geld von der Agentur für Arbeit rückerstattet.

Vereinfacht dargestellt funktioniert das Kurzarbeitergeld so: Der Arbeitgeber reduziert beispielsweise die Arbeitszeit auf 30 Prozent. Das bedeutet für den Arbeitnehmer: Er verdient auch nur 30 Prozent seines Netto-Lohnes. Das Kurzarbeitergeld gleicht den Verdienstausfall teilweise aus. Unter normalen Umständen werden 60 Prozent des ausgefallenen Lohnes ersetzt.

Ein Beispiel: monatliches Sollentgelt ohne Kurzarbeit abzüglich Ist-Entgelt für die noch geleisteten Arbeitsstunden = Ausfallentgelt, umgerechnet auf Netto, davon 60 Prozent beträgt das Kurzarbeitergeld. Lebt ein Kind im Haushalt sind es 67 Prozent.

Durch das wegen Corona erhöhte Kurzarbeitergeld können Arbeitnehmer nunmehr bis zu 87 Prozent des ausgefallenen Verdienstes erhalten.

Wie werden Aufstockungen steuerlich behandelt?

Die Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Von dem Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers werden jedoch keine Sozialversicherungsbeiträge berechnet.

Kurzarbeit verringert die Rente: Der durch die Kurzarbeit verringerte Lohn führt zu verringerten Rentenbeitragszahlungen. Allerdings ist der Arbeitgeber zur Aufstockung gesetzlich verpflichtet. Bemessungsgrundlage sind 80 Prozent des Verdienstes, der durch Kurzarbeit ausgefallen ist. Die Kurzarbeit hat keine Folgen für Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Auch Leiharbeitnehmer können Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben, geringfügig Beschäftigte (Mini-Jobs) wegen fehlender Arbeitslosenversicherung jedoch nicht.

Kindergelderhöhung und weitere Beschlüsse

Kindergeld: Ab 1. Januar 2021 steigt das Kindergeld um 15 Euro pro Monat. Damit beträgt der Zuschuss für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro im Monat, für das dritte Kind sind es 225 Euro, für das vierte und jedes weitere Kind je 250 Euro.

Kinderfreibetrag: Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt 2021 von 5172 Euro um 288 Euro auf 5460 Euro.

Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf: Der Freibetrag wird 2021 um 288 Euro auf 2928 Euro erhöht.

Der Grundfreibetrag wird 2021 auf 9744 Euro und 2022 auf 9984 Euro angehoben. Mit dem Grundfreibetrag legt der Gesetzgeber das Existenzminimum fest, das nicht besteuert wird.

Der Behinderten-Pauschbeträge wird verdoppelt: Bereits ab einem Grad der Behinderung von 20 Prozent wird ein Pauschbetrag von 384 Euro gewährt.

Behinderungsabhängige Fahrtkostenpauschalen: 900 Euro für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen »G« oder 4500 Euro für Menschen mit dem Merkzeichen »aG«, mit dem Merkzeichen »Bl« oder mit dem Merkzeichen »H«.

Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle Berlin der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer, Lohnsteuerhilfeverein, Sitz in Gladbeck.

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