Angst und Zukunftssorgen

Bundestag diskutiert Schließung des Haribo-Werks in Sachsen

  • Olek Meyer und Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Kampf um das einzige Haribo-Werk in Ostdeutschland hat es in den Bundestag geschafft. Am Donnerstagnachmittag sprach das Parlament in einer Aktuellen Stunde unter dem Titel »Der Fall Haribo - Niedergang des ostdeutschen Arbeitsmarktes stoppen« über die Situation in der sächsischen Stadt Wilkau-Haßlau und das Schicksal der rund 150 Beschäftigten. Diese hätten nun kurz vor Weihnachten und während einer Pandemie große »Existenzangst und Zukunftssorgen«, beklagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann in ihrer Rede. Der Haribo-Konzern müsse endlich die Karten offenlegen und zeigen, wie die Perspektive der Beschäftigten konkret aussieht.

»Ich kritisiere auch die Hinhaltetaktik von Haribo zu einem möglichen Werksverkauf«, führte die Abgeordnete weiter aus. Es werde verschwiegen, dass das Unternehmen das Werk keinesfalls an einen Konkurrenten verkaufen wolle. Die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten verlangte am Donnerstag eine Klarstellung von Haribo. Sollte dies stimmen, dann wären die bisherigen Ankündigungen des Konzerns »ein arglistiges Täuschungsmanöver«, erklärte Landesbezirkssekretär Olaf Klenke.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller teilte zumindest Aspekte der linken Kritik. »Ostdeutschland ist in vielen Fällen immer noch verlängerte Werkbank des Westens«, sagte der Politiker. Was in vergangenen Jahren aufgebaut worden sei, dürfe jetzt nicht wegbrechen. An die Linkspartei gerichtet erklärte er jedoch, dass man nicht in einem »Jammertal« und nicht mehr in der »Nachwendezeit« lebte. Ungerechtigkeiten könne man nicht lösen, indem man nur auf die Vergangenheit verweist. »Haribo steht jetzt in der Pflicht, einen seriösen Investor und eine tragfähige Zukunftsperspektive für die Beschäftigten zu bieten.«

Die Grünen kritisierten auch die Produktstrategie des Haribo-Konzerns. »Den Klassiker ›Goldbären‹ hat man vernachlässigt und Leidtragende der Fehlentscheidung sind die Mitarbeiter in Sachsen«, sagte die Grünen-Abgeordnete Claudia Müller. Man solle stärker den Blick auf die Wirtschaftsförderung richten und bestehende Kleinunternehmen unterstützen.

Auf die Seite des Haribo-Konzerns stellten sich ohne Wenn und Aber die Unionsparteien. Es sei nicht die Rolle der Politik, die Wirtschaftsentscheidungen zu hinterfragen, sagte der Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann (CDU). Der Politiker warf der Linkspartei vor, die Lage der Haribo-Beschäftigten zu instrumentalisieren. »Sie benutzen bewusst die Werksschließung in Sachsen«, so Hauptmann. »Behalten wir die Mittel der sozialen Marktwirtschaft bei und vertrauen nicht auf die Streitpilz-Argumentation der Ränder von Linke und AfD«, fasste er zusammen.

Die AfD versuchte, sich in mehreren Beiträgen am Beispiel der Haribo-Beschäftigten explizit als Vertreter der ostdeutschen Arbeiterinteressen zu inszenieren. Gegenwind bekam sie dafür unter anderem von der SPD-Abgeordneten Daniela Kolbe. »Der Weihnachtsmann ist ein Roter. Wenn er ein Blauer ist, dann wird das niemandem helfen.« Der Linke-Abgeordnete Matthias Höhn fügte hinzu: »Alle, die etwas tun wollen, um die Lage zu verbessern, sollten Gewerkschaften in Ostdeutschland unterstützen und nicht wie die AfD bekämpfen.«

Haribo will den Betrieb in Wilkau-Haßlau am Freitag einstellen. »Es liegt kein Angebot des Wettbewerbs vor«, erklärte ein Unternehmenssprecher. Wie viele Interessenten es für das Werk im Landkreis Zwickau gibt, dazu hält sich das Unternehmen bedeckt. Zuletzt war von vier die Rede. »Wir prüfen ernsthaft alle seriösen Anfragen«, so der Sprecher. Dabei habe es schon erste Gespräche gegeben. Weitere Informationen gab es dazu jedoch nicht.

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