Bundesregierung beschließt Frauenquote in Unternehmensvorständen

Gesetzesentwurf soll noch in dieser Legislaturperiode durch das parlamentarische Verfahren und abgeschlossen werden

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Berlin. Die Bundesregierung hat die Frauenquote in Unternehmensvorständen beschlossen: Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch das Zweite Führungspositionen-Gesetz, das unter anderem den Mindestanteil von Frauen in Vorständen großer deutscher Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern regelt. Das Gesetz sieht vor, dass in solchen Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen künftig mindestens eine Frau vertreten sein muss.

Wie das Bundesfamilienministerium und das Bundesjustizministerium mitteilten, betrifft die Regelung rund 70 Unternehmen - von denen rund 30 aktuell keine Frau im Vorstand haben. Die Regierungskoalition hatte sich im November 2020 grundsätzlich auf eine verbindliche Frauenquote für Vorstände geeinigt. Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) sprach von einem »Meilenstein« für mehr Frauen in Führungspositionen. »Es war nicht leicht, in der Koalition eine Einigung hinzubekommen. Wir haben das nach viel Diskussionen, nach viel Bemühen geschafft. Darauf bin ich stolz«, sagte sie am Mittwoch nach dem Kabinettsbeschluss.

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von einem guten Tag für all die hochqualifizierten Frauen in Deutschland. »In Zukunft zählt die Qualifikation bei der Besetzung von Vorstandspositionen und nicht das Geschlecht.« Die Frauenquote sei auch ein wichtiges Signal für junge Frauen: »Wer sich gut qualifiziert, wer sich entsprechend aufstellt, bekommt auch die Chance, die ihr oder ihm zusteht«, sagte Lambrecht.

Frauen? Ja, bitte!

Birthe Berghöfer über die Reform des Führungspositionen-Gesetzes

Künftig müssen Firmen speziell begründen, wenn sie für den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat ohne Frauen planen. Die Sanktionen bei Verletzung der Berichtspflichten sollen schärfer werden.

»Das ist eine Spur besser als der vielfach komplett gegen Frauen mauernde Ist-Zustand, aber ein Wurf von sehr geringer Reichweite«, kritisiert Doris Achelwilm, Sprecherin für Gleichstellungspolitik der Linksfraktion im Bundestag. Die beschlossene Mindestbeteiligung sei keine Quote und lasse befürchten, »dass es dann in der Umsetzung bei der Einzelvorständin bleibt, egal, wie groß der Vorstand ist«, heißt es in einer Pressemitteilung am Mittwoch.

Mit dem Gesetz sei Deutschland dem Ziel von Chancengleichheit und Gleichberechtigung »einen Schritt näher«, lobte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Die Frauenquote sei »überfällig« und die Zeit für freiwillige Maßnahmen damit »endgültig vorbei«.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält die Wirkung der Quote allerdings für begrenzt. Sie werde die nach wie vor von Männern dominierten Vorstände in Deutschland »nicht sofort auf den Kopf stellen, dafür gilt sie für zu wenige Unternehmen«, sagte DIW-Forscherin Katharina Wrohlich der »Rheinischen Post« (Donnerstagsausgabe). Doch das Gesetz könne bestenfalls »gleichstellungspolitische Impulse« senden und mehr weibliche Vorbilder in Führungspositionen bringen.

Ende November hatte sich die Regierungskoalition grundsätzlich auf eine verbindliche Frauenquote für Vorstände geeinigt. Der Wirtschaftsflügel der Union hatte die Pläne des Koalitionspartners scharf kritisiert - dennoch stimmte auch die Unionsfraktion schließlich dafür.

Nach dem Kabinettsbeschluss muss der Gesetzesentwurf nun noch durch das parlamentarische Verfahren. Der Prozess solle noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden, sagte Giffey. Agenturen/nd

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