Wie regelt das der Markt?

Kontra: Wir mögen die Trump-Sperrung, müssen aber das Prozedere ablehnen, meint Daniel Lücking

Wenn das neoliberale Credo »Das regelt der Markt« ausgerufen wird, dann meint man für gewöhnlich den Effekt, den wir jetzt bei der Sperrung der Social-Media-Konten von Donald Trump sehen. Ob die Entscheidung aus demokratischer Überzeugung oder wirtschaftlichem Kalkül getroffen worden ist, ist keinesfalls klar. Was Twitter und Facebook unterbunden haben, ließ die Plattform Parler geschehen. Das Trump nicht weiter online hetzen kann, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Doch wen trifft es morgen und nach welchen Kriterien regeln das dann die gewinnorientierten Plattformbetreiber?

Die Entscheidung, diesen Hetzer vorläufig nicht mehr auf der Social-Media-Bühne tanzen zu lassen, ist keinesfalls auf andere Hetzende oder Staatsoberhäupter übertragbar. Zu Anfang der digitalen Karriere des noch amtierenden US-Präsidenten war ein solches Vorgehen gegen Hass und Hetze nicht ansatzweise gesetzlich geregelt.

Auch heute zeigen sich die Plattformen immer wieder inkompetent. Ihre Algorithmen können nicht zuverlässig filtern, sind unfähig, Ironie und Satire von echten Gefährdungen zu unterscheiden. Die Kriterien, nach denen Moderator*innen weltweit löschen, sind höchst intransparent.

Antifa ist Handarbeit und manchmal schmutzig
Pro: Die Sperrung der Trump-Accounts ist nicht schön, aber notwendig und effektiv, sagt Moritz Wichmann

Bislang ist die Trump-Sperrung nicht von rechtlichen Schritten flankiert. Eine Amtsenthebung ist beantragt. Ob er überhaupt mit legalen Mitteln dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, was er mit seiner Rede am 6. Januar vor dem Sturm aufs Kapitol in Washington auslöste, ist derzeit ebenso offen wie die Frage, ob er sich selbst noch begnadigen kann. Unklar ist auch, in welchen zukünftigen Fällen ähnliches Handeln der Netzwerkbetreiber auf Zustimmung oder Ablehnung stößt - je nachdem, ob ein politischer Gegners oder jemand aus dem eigenen Lager betroffen ist. Und dann eventuell wegen geringerer Anlässe. Das sollte mit Gesetzen geregelt sein und nicht durch den Markt.

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