Giftiger Job

Frauen kämpfen häufig mit Berufskrankheiten

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

Man merkt es oft erst zu spät: Der Schmerz sitzt schon lange nicht nur in den Schultern, die Hände jucken ständig, der Husten will einfach nicht mehr weggehen. Viele Berliner*innen erkennen erst nach Jahren oder Jahrzehnten, dass ihre Arbeit sie krank macht - oder krank gemacht hat, denn manche Beschwerden treten erst nach dem Ausscheiden aus dem Beruf auf.

Frauen gehen mit gesundheitlichen Problemen meist anders um als Männer, die deutlich häufiger von Berufskrankheiten betroffen sind. Das liegt auch daran, dass weniger Frauen als Männer berufstätig sind oder mehr in Teilzeit arbeiten. »Männer führen zwar häufiger von schwerem Heben und Tragen bestimmte Tätigkeiten aus, melden aber im Verhältnis weniger oft, wenn dadurch Schmerzen und Krankheit ausgelöst werden«, sagt Ute Latza bei einer Gesprächsrunde der Berliner Beratungsstelle Berufskrankheiten.

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Dafür würden Frauen häufiger von ungünstigen psychischen Arbeitsbedingungen berichten, weiß die Fachgruppenleiterin an der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus ihrer Forschung. Auch sonst leiden Männer und Frauen unter verschiedenen Berufskrankheiten. So würden Frauen zwar häufiger wegen psychischer Belastungen krankgeschrieben, meldeten dafür deutlich weniger Atemwegserkrankungen als Männer. Bei denen sei es genau andersherum. Vom Berufsasthma des Bäckers, verursacht durch den feinen Mehlstaub, hat man deshalb vielleicht schon einmal etwas gehört, aber dass der Großteil der Bäckereifachverkäuferinnen unter ähnlichen Problemen leidet, eher selten.

An Hauterkrankungen, die bei beiden Geschlechtern den größten Teil der Berufskrankheiten ausmachen, leiden mehr Frauen als Männer, allerdings haben Männer vor allem mit weißem Hautkrebs zu kämpfen, der bei vielen auf jahrelanges Arbeiten unter freiem Himmel bei mangelndem Sonnenschutz zurückzuführen ist. Dazu kommt in diesen Fällen häufig noch Schwerhörigkeit. Die Hautkrankheiten von Frauen ergeben sich eher aus der Arbeit mit giftigen Stoffen wie zum Beispiel im Friseurhandwerk.

Allerdings leiden viele Frauen auch an Krankheiten, die von Ärzt*innen gar nicht auf ihren Beruf zurückgeführt werden. »Bei Lärmschwerhörigkeit geht man von Berufen im Industriebereich aus, aber auch die Kitaerzieherin muss bei einer Lärmbelastung von 100 dba arbeiten.« Karin Wüst von der Beratungsstelle Berufskrankheiten sieht es als auffällig an, wie sehr der Blick bei dem Prozess der Anerkennung einer beruflich begründeten Erkrankung auf Männer ausgerichtet sind. »Auch bei Knieproblemen denkt man zuerst an den Fliesenleger, aber auch hier sind viele Erzieherinnen stark betroffen«, erklärt die Beraterin.

Trotz gleicher Tätigkeit können weibliche Beschäftigte mitunter auch geringer belastet sein als Männer - oder eben ganz anders, das zeigten die Untersuchungen zur Vorbeugung von arbeitsbedingten Erkrankungen deutlich, erläutert Ute Latza. Heißt: Bei gleichen Jobs bekommen es Männer in den Knien und Frauen kriegen Kopfschmerzen, oder andersherum. Ein einfaches Ursache-Wirkungs-Prinzip gibt es dabei nicht immer. So können etwa arbeitsbedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschiedene Ursachen haben: sowohl physische Belastungen und Lärm, aber auch zu viel Sitzen, der Kontakt mit Schadstoffen, allgemeiner Stress oder Arbeitsplatzunsicherheit. Auch eine Teilzeitbeschäftigung wirkt sich in vielen Fällen noch lange nicht gesundheitsfördernd aus. Zwar arbeiten mit 22 Prozent viel mehr Frauen in Teilzeit als Männer (sechs Prozent), sind aber auch mit mehr Pflege- und Sorgearbeit belastet. Innerhalb der Branchen schwankt der Anteil von Frauen als Teilzeitbeschäftigten: Liegt er im Gesundheits- und Sozialwesen mit 41 Prozent relativ hoch, sind es im Bereich Handel und Gastgewerbe nur knapp 30 Prozent und im Baugewerbe nur knapp sechs. Allerdings liegt hier auch der Gesamtanteil von Frauen nur bei 13 Prozent, im Bereich Gesundheit und Soziales hingegen bei 77 Prozent.

Wie groß der Anteil an Berufskrankheiten tatsächlich ist, ist noch lange nicht erschöpfend untersucht. Auch, warum der Prozentsatz der Anerkennung mit 25 äußerst gering ist. »An den Gesetzen liegt es nicht«, sagt Karin Wüst. Die unabhängige Stelle in der Hauptstadt, unterstützt Beschäftigte, aber auch Ärzt*innen, Betriebsrät*innen und Arbeitgeber bei allen Fragen, wie arbeitsbedingte Erkrankungen als Berufskrankheit oder auch als Arbeitsunfall anerkannt werden können.

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