Der Entertainer

Der Moderator Slawi Trifonow will Bulgariens neue Regierung bilden.

  • Birger Schütz
  • Lesedauer: 2 Min.

Überschäumendes Interesse an Führungsämtern mit viel Einfluss kann man Slawi Trifonow nicht gerade vorwerfen: Der wichtigste Herausforderer von Bulgariens Ex-Ministerpräsident Bojko Borissow hielt vor den kürzlichen Parlamentswahlen kaum öffentliche Reden, kommunizierte mit seinen Anhängern vor allem über Facebook und kündigte an, nach dem Urnengang keine große Rolle in der Politik mehr spielen zu wollen. Viel lieber wollte sich der prominente Moderator und Popmusiker wieder seiner äußerst erfolgreichen Karriere im bulgarischen Showgeschäft widmen.

Dass der 54-jährige Gründer der überraschend erfolgreichen Protestpartei Es gibt so ein Volk auch anders kann, bewies er am Montag. Er erwarte, vom bulgarischen Präsidenten umgehend einen Auftrag zur Regierungsbildung zu bekommen, erklärte Trifonow in seinem eigenen Fernsehsender, noch bevor die Zentrale Wahlkommission einen hauchdünnen Vorsprung seiner Partei verkündete. Einer möglichen Zusammenarbeit mit der weniger als einen Prozentpunkt zurückliegenden Gerb-Partei von Expremier Borissow erteilte der Politneuling eine klare Absage. Koalition sei ein dreckiges Wort, befand Trifonow, der vor allem wegen seiner kompromisslosen Gegnerschaft zur Politik der korrupten Borissow-Ära gewählt wurde.

Der ungewöhnliche Wahlsieger ist in seiner Heimat eine TV-Berühmtheit. Seine seit dem Jahr 2000 ausgestrahlte Late-Night-Sendung »Slawis Show« ist eines der populärsten Fernsehformate, in dem schon so hochkarätige Gäste wie Michail Gorbatschow, Schimon Peres und Charlie Sheen zu Gast waren. Auch als Sänger ist der Zwei-Meter-Mann mit dem kahlgeschorenen Schädel äußerst erfolgreich. 22 Alben spielte Trifonow mit seiner Ku-Ku Band im oft belächelten, aber bei vielen Bulgaren beliebten »Tschalga-Genre« ein. In dieser bulgarischen Folkpop-Version geht es bei peitschenden Beats vor allem um Themen wie Sex, Geld und Mafiosi.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.