Kulanz für durch Corona ausgebremste Fahrgäste

Der brandenburgenburgische Linke-Politiker Christian Görke fordert angemessene Ausgleichsregelungen für Abonnementkunden des Verkehrsverbundes VBB

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Konflikt schwelt seit 17 Monaten, fast so lange, wie die Corona-Pandemie Deutschland in Schach hält. Als 2020 mit Ausbruch der ersten Infektionswelle Einschränkungen des öffentlichen Lebens verordnet wurden, immer mehr Menschen zum Beispiel infolge Kurzarbeit oder Homeoffice daheimblieben, gewährte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) Inhabern von Monatskarten in der Regel kaum Kulanz. Als Folge kündigten zahlreiche Stammkunden ihre Aboverträge und stiegen auf ihre Privatautos um.

Die Linke pocht auf einen angemessenen Ausgleich der coronabedingten Einschränkungen für VBB-Kunden. »Statt einer nennenswerten Kulanzregelung verweist die Landesregierung die Abo- und Jahreskarteninhaber auf die Kündigungsmöglichkeiten, das ist unglaublich«, sagte Christian Görke, Verkehrsexperte der Linksfraktion im Landtag, der Deutschen Presse-Agentur. Er bezog sich auf eine Antwort des Verkehrsministeriums in Potsdam auf eine Große Anfrage seiner Fraktion zum öffentlichen Nahverkehr.

Beim Thema Kulanzleistungen während der Pandemie hatte das Ministerium auf Regelungen verwiesen, auf die sich Verkehrsunternehmen, Kommunen und VBB im März 2020 geeinigt hatten. Einige davon galten nur bis Ende Mai 2020, darunter der Verzicht auf Bearbeitungsgebühren bei Umtausch und Erstattung von Fahrausweisen und Zeitkarten sowie bei Abokündigungen. Darüber hinaus konnten touristische Kombinationsprodukte in dieser Zeit umgetauscht oder rückerstattet werden. Bis Ende Juni 2020 wurden abgelaufene Semestertickets von Studenten anerkannt, auch bei den Mobilitätstickets wurde so verfahren. Als »kundenfreundlich« gilt, dass einjährige Aboverträge jederzeit zum Monatsende kündbar sind.

Beim VBB-Partner Cottbusverkehr sind die Fahrgastzahlen 2020 zeitweise um die Hälfte eingebrochen. »Glücklicherweise sind bei uns Abokündigungen im überschaubaren Rah᠆men geblieben«, sagte Sprecher Robert Fischer dem »nd«. »Wir haben mit den üblichen Fristen gearbeitet und hatten mit unseren Kunden auch keine Schwierigkeiten.« Mit welchen Ticketmodellen man auf die seit Corona durch Homeoffice veränderte Arbeitssituation reagieren kann, werde aber in den Arbeitsgruppen des VBB längst erörtert.

In Berlin verzeichnete 2020 allein die BVG rund 70 Prozent Fahrgeldverluste, sagte Heiner von Marschall, Sprecher des VCD Nordost im Verkehrsclub Deutschland, dem »nd«. Zentrales Problem seien die vielen Abokündigungen durch VBB-Stammkunden. »Hier müssen vermehrt Anreize dafür geschaffen werden, nicht zu kündigen - oder zurückzukehren«, sagte er. Der VBB könnte, wie andere Verbünde auch, zum Beispiel Moratorien für Monatskarten, Gratismonate bei Vertragsverlängerung anbieten. Der VCD strebe aber ein umlagefinanziertes Bürgerticket an.

Görke hatte wiederholt mit Hinweis auf die Praxis anderer Verkehrsverbünde vorgeschlagen, Zeit- und Jahrestickets kostenlos um zwei Monate zu verlängern. Zudem sollten Landeshilfen die Verkehrsbetriebe in die Lage versetzen, 2021 auf eine Tariferhöhung zu verzichten. Arbeitnehmern im Homeoffice sollte ein flexibles VBB-Ticket angeboten wer᠆den. Görke, der bis 2019 Finanzminister war, sah dafür dank beträchtlicher Haushaltsrücklagen genügend Spielraum. Mit dpa

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