Milizenführer

Im Irak gewinnt die Strömung von Muktada al Sadr die Parlamentswahl

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit vielen Jahren ist Muktada al Sadr die einflussreichste Person in der irakischen Politik. Doch sein Einfluss schwindet, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht. Um die 60 Mandate soll seine Liste bei der Wahl zum 376 Sitze umfassenden Parlament erhalten haben, etwas mehr als 2018. Doch die Wahlbeteiligung lag mit 41 Prozent historisch niedrig; unter dem Strich hat auch der 48-jährige schiitische Geistliche und Milizenführer ordentlich Stimmen verloren. Zwar kandidierte er nicht selbst, aber seine Abgeordneten tun ausschließlich das, was al Sadr sagt.

Viele Jahre lang wurde der Sohn des 1999 ermordeten Großajatollahs Muhammad Sadik al Sadr von seiner Anhängerschaft abgöttisch verehrt. Wenn er rief, gingen Hunderttausende auf die Straße. Als er sich allerdings vor einigen Monaten öffentlich für die Coronaimpfung aussprach, stieg der Andrang in den Impfzentren nur unwesentlich. Man hat andere Probleme im Land. Monate lang wurden die Menschen von extremer Hitze, Wasser- und Stromknappheit geplagt; statt nach Lösungen zu suchen, leistete man sich in Regierung und Parlament eine weitere der vielen politischen Krisen.

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Sadr selbst verbat sich jegliche Einmischung von außen, womit er nicht nur die westlichen Staaten, sondern auch den Iran gemeint haben dürfte. Nach dem Sturz von Saddam Hussein hatte er dorthin zunächst enge Bindungen aufgebaut. Teheran unterstützte al Sadr auch bei der Aufstellung einer eigenen Miliz, die zeitweise 60 000 Mann umfasst haben soll. In einem Stadtteil von Bagdad errichtete er ein Schattenregime, in dem strenge islamische Glaubensvorschriften eingehalten werden mussten. Doch als al Sadr die iranische Führung öffentlich kritisierte, im Irak ein offener Bürgerkrieg drohte, erkaltete die Beziehung.

Sadrs Leute müssen nun irgendwie eine Koalition aufbauen, eine Regierung bilden. Der politische Stillstand dürfte sich noch lange fortsetzen.

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