Rechte mobilisieren gegen Flüchtlinge

AfD will vor Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt demonstrieren

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Die rechte Szene macht weiter im Grenzgebiet gegen Flüchtlinge mobil. Für Sonntag hat die AfD zu einer Kundgebung vor der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt aufgerufen. »Tausende Migranten kommen seit Wochen über die grüne Grenze von Polen nach Deutschland. Sie alle reisen illegal ein«, heißt es in ihrem Aufruf zur Kundgebung. Die AfD fordert eine Abschiebung von illegal eingereisten Flüchtlingen, obwohl eine legale Einreise für Asylsuchende so gut wie unmöglich ist. Brandenburgs Polizeisprecherin Stefanie Klaus will die Anmeldung der Kundgebung weder bestätigen noch dementieren. »Wir erteilen in Brandenburg anders als in Berlin generell keine Auskünfte zu bevorstehenden Kundgebungen und Demonstrationen«, sagt sie »nd«.

Die Eisenhütterstädter Flüchtlingspfarrerin Josephine Furian hält den Ort der Kundgebung für sehr problematisch. »Das ist genau auf dem Weg, den die Geflüchteten nutzen, um ihre Angehörigen und Freunde in anderen Gebäuden zu besuchen. Ich hoffe, dass die Polizei diesen Ort nicht genehmigt.« Denn viele der Neuankömmlinge seien traumatisiert, gerade angesichts von Erlebnissen auf der gerade bewältigten Flucht. »Sie erzählen mir beispielsweise, dass sie vor den Augen ihrer Kinder von der polnischen Grenzpolizei mit Gummiknüppeln geschlagen wurden.« Unabhängig vom Ort will die Evangelische Kirche die AfD-Kundgebung nicht unbeantwortet lassen. »Es werden die Kirchenglocken laut läuten. Über weitere Aktionen befinden wir uns noch in Absprache.«
Furian, die in der Erstaufnahmeeinrichtung als Seelsorgerin arbeitet, wünscht sich eine Reaktivierung der Willkommenskultur von 2015/16. »Da gibt es noch viele Reserven. Viele Flüchtlinge kommen am Bahnhof in Frankfurt (Oder) an. Da könnte man auch Willkommensschilder aufhängen.« Auch an Kirchtüren im Grenzgebiet kann die Pfarrerin sich solche Schilder vorstellen. Dass die Flüchtlingszahlen wieder ansteigen, nachdem die Fluchtwege pandemiebedingt über Monate versperrt waren, hält sie für ganz normal. »Eine afghanische Familie, mit der ich gesprochen habe, hing während der Pandemie ein Jahr lang in Russland fest.«

Auch nichtkirchliche Gruppen beraten derzeit über Gegenaktionen. Da wirkt es sich allerdings nachteilig aus, dass viele Parteien und NGOs gerade in der Region um Eisenhüttenstadt personell schwach vertreten sind. Strukturen, die 2015/16 zur Unterstützung von Flüchtlingen geschaffen wurden, werden gerade mühsam neu aktiviert.

Die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (Linke) spricht gegenüber »nd« von einem »altbekannten Muster der AfD, schutzsuchende Menschen für ihre Zwecke zu missbrauchen«. Vincent da Silva vom Brandenburger Flüchtlingsrat sagt, die AfD vergifte mit der Aktion »nicht nur das gesellschaftliche Klima. Sie leistet vor allem auch Hass und Rassismus massiven Vorschub. Das ist schlicht menschenverachtend.« Es brauche stattdessen eine »solidarische und gerechte Gesellschaft, die den globalen Herausforderungen mit aufgeklärtem Blick in die Augen schaut und lokal menschenwürdig« handele, so da Silva.

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