- Kommentare
- Arbeitsmarkt
Ausbildung darf keine Hürde sein
Berufsqualifikation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Es gibt nicht den einen Grund, der als Ausbildungshindernis gelten kann, aber viele Beispiele dafür, wie der Lebensabschnitt für die jungen Menschen, um die es dabei vorrangig geht, erschwert wird. Meister, die ihre Lehrlinge wegen jeder Kleinigkeit anschnauzen oder sie als billige Arbeitskräfte betrachten. Azubis, die sich durch Berufsschule und praktische Ausbildung quälen, in denen die Anforderungen nicht mit ausreichender Betreuung aufgefangen werden. Eine Vergütung, die sich nicht an tatsächlichen Lebenshaltungskosten orientiert. Jahrelange Bildungsdiskriminierung, die Jugendliche auf einen sozialen Status festlegt, statt sie zu ermutigen und zu motivieren.
Nebenbei wächst der Niedriglohnsektor mit seinen menschenverachtenden Arbeits- und Ausbeutungsverhältnissen. Für viele Selbstständige oder kleinere Betriebe, die am Existenzminimum kratzen, rechnet es sich nicht, jemanden unter die Fittiche zu nehmen. Die Unterstützungsangebote des Senats werden nicht angenommen, wobei die Gründe dafür zu erfragen wären. Mangelt es tatsächlich an Willen - oder an Information? Sind die bürokratischen Hürden zu hoch? Andererseits sind da große Unternehmen, die nicht in Ausbildung investieren, sondern sich billige Arbeitskräfte holen, ob im Ausland oder als Ungelernte - Konsequenzen müssen sie nicht befürchten. Zudem treiben prekäre Lebensumstände und mangelnde soziale Absicherung immer mehr Menschen in Beschäftigungen und Tätigkeiten, die mit beruflicher Perspektive nichts zu tun haben. Obendrauf sorgt dann noch das kapitalistische Diktum der Flexibilität dafür, dies alles als erstrebenswert erscheinen zu lassen.
Am Ende verlieren alle: Generationen junger Menschen, Betriebe, die nicht wissen, wie sie den Fachkräftemangel bewältigen sollen. Armut und Unsicherheit verschärfen sich. Es müssen also mehr staatliche, wirtschaftliche aber auch gesellschaftliche Anstrengungen unternommen werden, Ausbildung als Wert zu schaffen und zu vermitteln, um zu verhindern, dass sie für alle Beteiligten zur Hürde wird.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.