Eine Verfassung, die alle anspricht

Die Grünen möchten eine geschlechtergerechte Sprache für den Gesetzestext

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Was in der Präambel vielversprechend und fortschrittlich mit »Bürgerinnen und Bürger« beginne, setze sich im Text der brandenburgischen Verfassung nicht fort. Das bedauert Grünen-Fraktionschefin Petra Budke am Montagabend bei einem Fachgespräch mit Experten im Landtag. Da die Verfassung an einigen Stellen geändert werden soll, möchte Budkes Partei bei dieser Gelegenheit für eine durchgängig geschlechtergerechte Sprache sorgen. Der Text soll möglichst alle ansprechen, am besten auch gleich diejenigen, die sich weder als weiblich noch männlich verstehen.

Eine Variante mit Sternchen oder Doppelpunkt wäre den Grünen deshalb angenehm. Aber die Abgeordnete Sahra Damus gesteht: »Ich wage die Behauptung, dass wir die Zweidrittelmehrheit für einen Stern nicht bekommen werden.« Denn für eine Verfassungsänderung reicht eine einfache Mehrheit im Parlament nicht aus.

Mit dem Sternchen wären viele Probleme auf einen Schlag gelöst, meint der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch. Er glaubt aber auch nicht, dass sich das Sternchen jetzt schon durchsetzen lässt. Man müsse »eventuell kleinere Börtchen backen auf dem Weg zum großen Kuchen«. Stefanowitsch könnte eine gewisse Enttäuschung verstehen, wenn es etwa bei Formulierungen wie Einwohnerinnen und Einwohner stehen bleibe und nicht zu Einwohner*innen komme. Aber auch das wäre schon ein großer Fortschnitt gegenüber dem bloßen »Einwohner«. Die Variante »Einwohnende« klinge noch fremd, so Stefanowitsch.

Was für das Sternchen oder den Doppelpunkt spricht, darüber sind sich beim Fachgespräch alle einig. »Es ist ein Wandel. Wir gehen diesen Wandel mit«, berichtet Anna Kollenberg von der Frauen-Union der CDU. Sie spricht hier für den Frauenpolitischen Rat von Brandenburg. »Wir im Frauenpolitischen Rat gendern natürlich«, versichert die Philosophin. Mal werde das Sternchen verwendet und mal der Doppelpunkt. Es sollten Gruppen der Bevölkerung nicht nur »mit gemeint« sein, so wie Frauen lange nur mit gemeint sein sollten, wenn allein die männliche Form verwendet wurde. Das Gendern sei ein »wichtiger und richtiger Schritt zur Gleichberechtigung«, findet Kollenberg.

Gar nicht mehr zu umgehen ist das Gendern nach Ansicht von Juraprofessorin Anna Katharina Mangold von der Universität Flensburg. Anfang der 1990er Jahre sei die Mitnennung der weiblichen Form zeitgemäß gewesen. Seit einem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2017 reichten Doppelnennungen wie »Bürgerinnen und Bürger« aber eigentlich nicht mehr aus, so Mangold.

»Geschlechtergerechte Sprache kann so einfach sein«, sagt Jirka Witschak von der Landeskoordinierungsstelle Queeres Brandenburg. Das »Guten Tag Person X, Y Z« habe im Brief- und E-Mail-Verkehr das »Sehr geehrte Damen und Herren« bereits fast völlig verdrängt. Für ihn persönlich habe das den Vorteil, dass er kaum noch fälschlich als »Frau Witschak« angeschrieben werde von Menschen, die nicht wissen, dass Jirka ein tschechischer Männername sei. Noch einen Fortschritt registriert Witschak: »Bundeskanzlerin ist seit 2005 Sprachgebrauch. Kohls Mädchen haben wir weggegendert.«

»Entweder im Dezember oder im Januar werden wir die Verfassungsänderung beschließen«, verkündet Grünen-Fraktionschefin Budke. »Ich freue mich schon drauf.«

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