Sebastian Kurz verliert wohl Immunität

Österreichs Ex-Kanzler soll sich vor der Justiz verantworten

  • Stefan Schocher, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Schonfrist ist vorbei. Am Donnerstag stimmt der Nationalrat in Wien über die Aufhebung der rechtlichen Immunität von Sebastian Kurz ab. Die ist so gut wie sicher, hatte der zurückgetretene Kanzler und ÖVP-Chef dies doch auch selbst angestrebt. Die Justiz kann damit wieder gegen Kurz ermitteln. In welchem Umfang, ist allerdings fraglich. So bedürfen zum Beispiel Hausdurchsuchungen vermutlich nach wie vor der vorherigen Zustimmung des Nationalrats, wie der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meint.

In zwei Ermittlungsverfahren wird Kurz als Verdächtiger geführt. Im Raum steht der Verdacht der Falschaussage vor dem Parlament. Im Besonderen geht es um weit mehr: Untreue und Bestechlichkeit in einem Skandal um zugunsten von Kurz geschönte Umfragen, die aus der Staatskasse bezahlt worden sein sollen; heimliche Deals mit Medien über deren Veröffentlichung; Jubelberichterstattung.

Es ist still geworden um den als Kanzler noch omnipräsenten ÖVP-Chef. Nicht zuletzt auch angesichts der aktuellen kritischen Coronalage, die wenig Raum zur politischen Profilierung lässt. Vor allem, wenn man sich als Politiker hervorgetan hat, der die Pandemie noch im Sommer für beendet oder diese zu einer der Ungeimpften erklärt hat.

In eigener Sache ist Kurz keineswegs untätig. Zur Aufhebung der Immunität sagte er, diese sei die »Basis dafür, dass das Verfahren schnell und zügig stattfinden kann«. Strafrechtlich habe er sich nichts zuschulden kommen lassen. Soll heißen: Nach der juristischen Reinwaschung bin ich zurück. Zugleich gehen Kurz und Konsorten hinter den Kulissen in die Offensive. Für Diskussionen sorgt ein von der ÖVP über ihren Anwalt in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Ermittlungen gegen Kurz. Das vom Strafrechtler Peter Lewisch verfasste 17-Seiten-Papier sagt aus: Der konkrete Tatverdacht gegen Kurz sei »in keiner Weise nachvollziehbar«. Veröffentlicht wurde es mit dem Briefkopf der Universität Wien - die sich klar davon distanziert.

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.