Knastwärter schon ab der Volljährigkeit

Koalition will Mindestalter für die Ausbildung zum Strafvollzugsbeamten um drei Jahre herabsetzen

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon mit 18 Jahren soll man sich künftig für die Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten bewerben können. So empfahl es am Donnerstag die Mehrheit des Rechtsausschusses dem Landtag - mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, CDU und Grüne. Das Mindestalter für den Start der Ausbildung zum Bediensteten in einer Justizvollzugsanstalt soll von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt werden. Linke, Freie Wähler und AfD enthielten sich der Stimme. Der Gesetzentwurf enthält zusätzlich die Festlegung, das Höchstalter für den Ausbildungsbeginn von 36 auf 40 Jahre heraufzusetzen.

Der CDU-Abgeordnete Danny Eichelbaum erklärte, der Personalbedarf zwinge zu einer solchen Erweiterung. In wenigen Jahren würden 168 Beamte in den Ruhestand gehen. Die Abgeordnete Marlen Block (Linke) formulierte Bedenken, schon 18-Jährige zu dieser Ausbildung zuzulassen. Sie verwies auf die Kritik der Justizgewerkschaft, von einem 18-jährigen Menschen könne niemand die erforderliche Lebens- und Berufserfahrung erwarten, die nun einmal unabdingbar sei, um in diesem Tätigkeitsfeld zu bestehen. Der schwierigen Arbeit mit zumeist älteren Strafgefangenen und den Ansprüchen des Resozialisierungsgedankens könnten junge Menschen unter 21 Jahren nicht entsprechen. Ein Herangehen nach der Weise »es wird schon irgendwie gehen« wäre äußerst risikoreich, warnte Block. Die Herabsetzung des Mindestalters für Bewerber sei also kein geeignetes Mittel, um dem Fachkräftebedarf im Strafvollzug effektiv zu begegnen. Der Heraufsetzung des Höchstalters könne sie dagegen zustimmen. Aber: »18-Jährige und 40-Jährige gleichzeitig auszubilden, stelle ich mir schwierig vor.«

Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) sagte, inzwischen bieten neun Bundesländer die Möglichkeit an, die genannte Ausbildung bereits mit 18 Jahren anzutreten. Besondere Nachteile, die sich daraus ergeben könnten, seien nicht bekannt. Das bestätigte der Abgeordnete Benjamin Raschke (Grüne), der allerdings bekannte, die Herabsetzung des Mindestalters sei auch in seiner Fraktion zunächst auf Vorbehalte gestoßen.

Die sorgfältige Auswahl aus den Bewerbern in einem immerhin zweitägigen Testverfahren biete die Gewähr dafür, dass »grundsätzlich geeignete« Leute die zweijährige Ausbildung beginnen, versicherte Roland Wilkening. Der Abteilungsleiter aus dem Justizministerium erläuterte, am Auswahlverfahren beteiligt seien auch Psychologen, die ermitteln, wie die Bewerber in Stresssituationen reagieren. Mit einer übermäßig hohen Auswahl 18-jähriger Bewerber rechne er nicht. An eine 16-wöchige theoretische Ausbildung schließe sich der erste Einsatz in der Praxis an. Dabei werden die Auszubildenden möglichst von erfahrenen Kollegen angeleitet. Manchmal müssen sich auch jüngere Beamte darum kümmern. Dies sei eine Phase, durch die man hindurch müsse, weil das Problem in der Vergangenheit vernachlässigt worden sei. »Anders wird es nicht gehen.« Man hoffe, mit dem Angebot Abiturienten ansprechen zu können, auch Studienabbrecher. Wilkening nannte als Beispiel zwei Studenten der Bettriebswirtschaftslehre, die merkten: »Das ist nichts für mich.« Man könne sich darüber streiten, ob diese zwei Studenten nun wesentlich lebenserfahrener seien als 18-Jährige, »obwohl sie das 21. Lebensjahr überschritten hatten«.

Aufgaben im Strafvollzugsdienst werden zu zweit erledigt. Nur in Ausnahmefällen, wenn etwa Kollegen wegen Krankheit ausfallen, könnten erfahrene Beamte auch allein Dienst tun. Das betreffe junge Auszubildende auf jeden Fall nicht.

Auch wenn es sein könne, so wandte Péter Vida (Freie Wähler) ein, dass im Einzelfall auch sehr junge Bewerber als geeignet für diesen Beruf erscheinen, könne man die Regelung daran nicht festmachen. Im Regelfall sei zu unterstellen, dass so junge Menschen den Belastungen nicht gewachsen sein könnten. »Es ist hier vom Regelfall auszugehen.«

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