Das ist keine Freiheit

Louisa Theresa Braun kritisiert den Freiheitsbegriff der Querdenker*innen.

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Proteste von Impfgegner*innen, Corona-Leugner*innen, Querdenker*innen und das Vokabular, mit dem sie mobilisieren, zeigen, welche Macht die Sprache hat. Sie reden davon, ihre Freiheit und körperliche Unversehrtheit zu verteidigen, während Politik, Wissenschaft und Medien angeblich eine Diktatur errichten und zwangsimpfen wollen. Damit wird ein Gut-Böse-Schema konstituiert, das wenig Interpretationsspielraum zu lassen scheint.

Impftipps vom Gegenprotest. Mehrere 1000 Teilnehmende bei verschwörungsideologischen Aufmärschen in Berlin

Dabei umfasst gerade der aufgeladene Begriff der Freiheit ein komplexes Feld von Bedeutungen. Die Impfgegner*innen beziehen sich wohl vor allem auf die der Handlungsfreiheit. Sie betrachten sich als frei, wenn ihr Handeln ihrem eigenen Willen entspricht, zum Beispiel dem, sich nicht impfen zu lassen. Es handelt sich also um eine äußerst ichbezogene, egozentrische Interpretation von Freiheit. Mit dem Freiheitsbegriff des Philosophen Immanuel Kant, auf den die Querdenken-Bewegung sich so gerne beruft, hat das wenig zu tun, da dieser sich vor allem auf eine Vernunft bezieht, die eine moralische Pflicht darstellt.

Rückkehr der »Baseballschläger-Jahre«? Wieder Proteste von Corona-Verharmlosern. Experte David Begrich sieht Kontinuitäten zu 90er-Jahren

Die Missachtung sämtlicher Corona-Regeln verstößt gegen diese Pflicht. Denn moralisch wäre die Achtung vor unserem Gesundheitssystem und vor denjenigen, die unter den pandemiebedingten Einschränkungen am meisten leiden. Die körperliche Unversehrtheit von Kranken und überlasteten Eltern oder Pflegekräften wird bei der so instrumentalisierten Freiheit nicht berücksichtigt.

Auch der Euphemismus »Spaziergang« für Aufmärsche mit Rechtsradikalen verdeutlicht die sprachliche Realitätsverzerrung. Gut, dass so viele engagierte Menschen in Berlin, Potsdam und in anderen Städten dieser Strategie öffentlich einen Strich durch die Rechnung machen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal