Die Wachablösung ist nah

Union Berlin stürzt den Stadtrivalen Hertha BSC in die nächste Enttäuschung

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

50 Anhänger des 1. FC Union hatten sich in der Nacht zum Donnerstag am Stadion An der Alten Försterei in Berlin-Köpenick versammelt. Sie waren aus den umliegenden Wohngebieten und Kneipen herbeigeströmt, um ihre Mannschaft würdig zu empfangen. Die Profis hatten im 24 Kilometer entfernten Olympiastadion den Stadtrivalen Hertha BSC im Achtelfinale des DFB-Pokals hoch verdient mit 3:2 bezwungen. Erstmals seit 2011 konnte Union mal wieder ein Pflichtspiel gegen Hertha in der großen Charlottenburger Schüssel gewinnen. Allerdings durften coronabedingt nur 200 Unioner Fans live vor Ort dabei sein.

Kein Wunder also, dass so mancher Sympathisant der Ankunft des Mannschaftsbusses »daheim« entgegenfieberte. Der wurde dann um 0:40 Uhr mit Pyrotechnik und »Eisern-Union«-Rufen begrüßt. Gefeiert werden konnte so spät gleich doppelt. Schließlich beging der Verein am Donnerstag seinen 56. Gründungstag.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Sportlich steht der Klub so gut da wie nie zuvor. Selbst wenn man den von den Anhängern als »Marketingkonstrukt« bezeichneten Ligarivalen RB Leipzig mitzählt, ist Union derzeit die beste Mannschaft in den neuen Bundesländern. Und in der eigenen Stadt haben die Wuhlheider einen weiteren Schritt in Richtung Wachablösung gemacht. Im Olympiastadion war Union wie schon beim Bundesliga-Heimsieg im November (2:0) die klar bessere Mannschaft. Das Ergebnis ist knapper als die Partie wirkte, zumal Hertha erst in der Nachspielzeit auf 2:3 verkürzen konnte. »Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, die wir bis auf einige Aktionen gut kontrolliert haben. Die Mannschaft hat wieder gezeigt, welchen Willen und welche Mentalität sie hat«, lobte Unions Trainer Urs Fischer.

Sein Team profitierte von einem traumhaften Schuss von Andreas Voglsammer, einem Eigentor von Niklas Stark und einem Treffer von Abwehrchef Robin Knoche. Nach dessen 1:3 bauten sich die Spieler am Spielfeldrand mit Blick zum Fanblock in Jubelpose auf. »Auch wenn das Stadion nicht voll ist, ein Derby ist immer etwas Geiles - gerade im DFB-Pokal«, sagte Max Kruse. Für Unions Kreativspieler ist Union »aktuell« klar die Nummer eins in der Hauptstadt.

Auch im Pokal haben die Eisernen jetzt Blut geleckt, nachdem Teams wie Bayern München, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen längst ausgeschieden sind. »Viele Favoriten sind schon raus, wir brauchen noch zwei Siege bis zum Finale. Mal schauen, was für Paarungen kommen. Wir müssen uns nicht verstecken«, sagte Kruse.

In der Bundesliga schwimmt Union nach vier Spielen ohne Niederlage und dem Sprung auf Rang fünf ohnehin auf einer Erfolgswelle. Am Sonnabend könnte sich die Mannschaft bei der schwächelnden Borussia aus Mönchengladbach die nächsten Zähler holen. Zudem könnte sie dem kürzlich nach Gladbach abgewanderten Innenverteidiger Marvin Friedrich zeigen, dass er sich zumindest sportlich verirrt hat. Derzeit liegt Union neun Punkte vor der Borussia.

Für die Anhänger von Hertha ist das Aus gegen Union ein weiterer Tiefpunkt. Am Donnerstagvormittag hing am Zaun der Geschäftsstelle ein Plakat mit einem einzigen Wort: »Schande«. Erneut wurde die Mannschaft vorgeführt. Zu Beginn des Spiels sangen die Hertha-Fans noch davon, dass ihr Klub Berlins Nummer eins sei. Schon nach einer halben Stunde aber gab es die ersten »Wir-wollen-euch-kämpfen-sehen«-Chöre.

»Wir hatten es auch nicht verdient, die Partie zu gewinnen. Es tut uns vor allem für unsere Fans leid. Wir haben einiges zu besprechen«, kündigte Herthas Trainer Tayfun Korkut später an. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Am Sonntag ist Meister Bayern München bei Hertha zu Gast. Da wird es schwer mit dem Punktezuwachs. Vor den folgenden Spielen zu Hause gegen Bochum und in Fürth könnte der Druck im Abstiegskampf also noch einmal anwachsen.

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