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Zweierlei Maß
Julia Trippo sieht in der Causa Anne Spiegel einen Doppelstandard
Mit ihrem Rücktritt vom Amt der Bundesfamilienministerin hat Anne Spiegel die richtige Entscheidung getroffen. Als noch rheinland-pfälzische Familien- und federführende Umweltministerin hatte sie Fehler gemacht: Ihr Ministerium hat nicht ausreichend vor der für 134 Menschen tödlichen Flut im Ahrtal gewarnt, dann fuhr sie zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt in den Urlaub - und vor allem log sie, als sie behauptete, in dieser Zeit an Kabinettssitzung teilgenommen zu haben.
Trotz dieser Fehler scheint das moralische Maßband, mit dem ihre politischen Fehlentscheidungen gemessen werden, ein anderes als für die vielen, vielen männlichen Kollegen. Viele politische Skandale haben (noch) keine vergleichbaren Konsequenzen nach sich gezogen, Stichworte sind beispielsweise Cum-Ex, Maskenaffäre, Maut. Zwar haben sie für berechtigte Empörung gesorgt, aber keiner der damaligen Minister hat solchen Hass abbekommen, Fehler eingestanden, Verantwortung übernommen oder Konsequenzen gezogen. Deshalb sollte Spiegels Rücktritt als Anstoß für eine neue Debatte über Fehlerkultur, entsprechende Konsequenzen und moralische Standards in der Politikbetrachtet werden - die dann bitte für alle gleichermaßen gelten sollten.
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