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Deutschland macht sich flüssig
Schwimmende LNG-Terminals sollen russische Gas-Importe ersetzen
Der erste deutsche Importhafen für verflüssigtes Erdgas (LNG) entsteht an der niedersächsischen Nordseeküste. Mit einem ersten Rammschlag begannen Ende vergangener Woche in Wilhelmshaven die Arbeiten für das schwimmende LNG-Terminal. »Wir haben eine gute Chance, das zu schaffen, was eigentlich in Deutschland unmöglich ist: innerhalb von etwa zehn Monaten ein LNG-Terminal zu errichten und es anzuschließen an die deutsche Gasversorgung«, sagte der anwesende grüne Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck.
Vier dieser bis zu 400 Meter langen, schwimmenden Terminals, von Fachleuten »Floating Storage and Regasification Units« (FSRU) genannt, hat die Bundesregierung für den kurzfristigen Einsatz über die Energiekonzerne RWE und Uniper gebucht. Bei festen Anlagen würden Planung, Genehmigung und Errichtung dagegen Jahre dauern. Seit Jahrzehnten verlaufen Versuche der Unternehmen, in Wilhelmshaven, Brunsbüttel oder Stade LNG-Terminals zu bauen, im Sande. Das lag am hartnäckigen Widerstand, den Umweltorganisationen und Grüne leisteten, und an der mangelnden Nachfrage nach LNG.elnden Nachfrage nach LNG.
Im Unterschied zum Pipelinegas, welches Deutschland aus Russland, Norwegen und den Niederlanden bezieht, ist LNG aufwändig. Erdgas wird dazu verflüssigt, indem man es auf 159 bis 163 Grad minus abkühlt. So komprimiert, kann es auf Tanker verladen werden. Die LNG-Schiffe brauchen dann einen Hafen, den sie anlaufen können, und dort einen Terminal, in dem das LNG wieder gasförmig gemacht wird. In Wilhelmshaven muss der Terminal noch über eine 30 Kilometer lange Pipeline an das Gasnetz angeschlossen werden.
Da die meisten Länder schon aus geografischen Gründen kaum Zugang zu Pipelinegas haben, ist LNG weltweit im Kommen: Im Jahr 2020 wurde erstmals mehr Erdgas per Tanker transportiert als per Rohrleitung. »Dies unterstreicht die stetig gewachsene Bedeutung von LNG für den internationalen Erdgashandel«, heißt es bei der für Rohstoffe zuständigen Bundesanstalt BGR.
Dort, wo landseitige Terminals fehlen, werden bereits schwimmende eingesetzt. International sind 48 FSRU in Betrieb, so Uniper. Der Kraftwerksbetreiber gehört mehrheitlich dem finnischen Energiekonzern Fortum und kommt in Wilhelmshaven zum Zuge. Betrieben wird das Terminal-Schiff von der griechischen Firma Dynagas.
Doch LNG ist teuer. Seit 1990 gab es nur wenige Jahre, in denen für LNG weniger gezahlt wurde als für Pipelinegas, so das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. In den vergangenen zehn Jahren lag der Preis für LNG etwa 30 Prozent über dem für Erdgas, das per Pipeline importiert wurde.
Die steigende Nachfrage aus Deutschland und anderen EU-Ländern dürfte die Preise weiter treiben. Fördermengen und Exportkapazitäten in Amerika und Arabien gelten als ausgelastet. Etwa 70 Prozent der Weltproduktion gehen nach Asien. Mit diesen Ländern stünde Europa künftig in Konkurrenz um die knappen Ressourcen.
Hinzu kommt der Preis für die neue Infrastruktur. Zwar schätzt der niedersächsischen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) die Kosten für die Baumaßnahmen im Hafen von Wilhelmshaven lediglich auf 45 Millionen Euro. Richtig teuer werden dagegen die schwimmenden Terminals und die landseitige Anbindung. Haushaltsmittel der Bundesregierung in Höhe von 2,94 Milliarden Euro stehen hierfür zur Verfügung.
Zwei Standortentscheidungen sind zugunsten von Wilhelmshaven und Brunsbüttel bereits gefallen, heißt es im »Zweiten Fortschrittsbericht Energiesicherheit«, den Habeck am 1. Mai vorlegte. Wilhelmshaven soll noch in diesem Jahr starten. Anfang 2023 ist die Inbetriebnahme einer FSRU in Brunsbüttel vorgesehen. Als weitere Standorte kommen Eemshaven in den Niederlanden, Stade an der Elbe, Rostock und Hamburg-Moorburg in Betracht.
Ein schwimmendes Terminal soll vor dem kürzlich stillgelegten Kohlekraftwerk in Moorburg, das erst 2015 in Betrieb gegangen war, festmachen. »Dort können bereits bestehende Gasleitungen genutzt werden«, wirbt der grüne Umweltsenator Jens Kerstan. Die Prüfung laufe »mit Hochdruck«. Technisch sei eine Inbetriebnahme bis zum Winter möglich.
Die Kapazität im Hamburger Hafen soll acht Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr betragen. Die anderen FSRU bescheiden sich wohl mit etwa fünf Milliarden. Insgesamt ließe sich so ein Fünftel des deutschen Gasverbrauchs von rund 95 Milliarden Kubikmeter abdecken, so die optimistische Annahme der Politik. Um die Russland-Lücke zu schließen, würde aber selbst dieses bei weitem nicht ausreichen.
Damit die vier maritimen LNG-Vorhaben in dem von der Bundesregierung erhofften Tempo loslegen können, ist zeitnah ein LNG-Beschleunigungsgesetz geplant. Habeck, der den Rammschlag am Voslapper Groden am Donnerstagmorgen von Bord eines Schiffes aus verfolgte, warnte vor juristischen Auseinandersetzungen, welche die Energieversorgung gefährden.
Dennoch verlangt die Deutschen Umwelthilfe (DUH) einen Baustopp, weil das Rechtsstaatlichkeitsprinzip verletzt werde, da Naturschutzverbände bisher nicht in die Planungen eingebunden worden seien. Das Terminal in Wilhelmshaven würde ein Unterwasser-Biotop unwiederbringlich zerstören können. Für den Anleger werden 150 Stahlpfähle mit einer Länge von 50 Metern in den Meeresboden gerammt.
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