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Hungerstreik in Abschiebehaft

Ein geflüchteter Iraner wehrt sich gegen seine Ausweisung aus Deutschland nach Griechenland

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.
Blick aus einem Fenster der Abschiebehaftanstalt in Glückstadt auf das Nachbargebäude. Foto: dpa/Ulrich Perrey
Blick aus einem Fenster der Abschiebehaftanstalt in Glückstadt auf das Nachbargebäude. Foto: dpa/Ulrich Perrey

Seit Wochen wird für eine Protestveranstaltung am Samstag vor der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt an der Elbe mobilisiert. Ein Abschiebekandidat, der aus politischen Gründen aus dem Iran geflüchtet war, befindet sich dort seit dieser Woche im Hungerstreik, um gegen seine drohende Auslieferung nach Griechenland zu demonstrieren.

Sein Name ist Hossein. Er ist in Griechenland mit seinem Asylgesuch anerkannt, doch vor Rassismus und Gewalt durch Neonazis vor nunmehr neun Jahren nach Deutschland geflüchtet. Hier konnte er sich mit kirchlicher Unterstützung gut integrieren. Hossein hat die deutsche Sprache erlernt. Mit diesen Kenntnissen leistete er anderen Geflüchteten als Dolmetscher zum Beispiel bei Arztbesuchen wertvolle Hilfe. Hossein sieht sein Leben in Griechenland bedroht. Auch deswegen baute er auf eine Zukunft in Deutschland. Doch nun droht ihm die Abschiebung aus der Bundesrepublik.

Aus Solidarität mit ihm demonstrierten Antifa-Aktivist*innen am Donnerstag vor der Kieler Ausländerbehörde. Dabei wurde auch dazu aufgerufen, Appelle ans Innenministerium in Kiel zu schicken, die eine sofortige Freilassung von Hossein verlangen. Zuständige Ministerin ist seit April 2020 die CDU-Politikerin Sabine Sütterlin-Waack. Ihre Partei regierte das Land derzeit zusammen mit Grünen und FDP.

Der Abschiebeknast in Glückstadt, der von den Ländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und dem Stadtstaat Hamburg als gemeinsame Einrichtung betrieben wird, hatte im August des vergangenen Jahres seine Arbeit aufgenommen. Je Land sind maximal 20 Plätze in der früheren Marinekaserne vorgesehen. Wegen fehlenden Betreuungs- und Bewachungspersonals ist die volle Kapazität jedoch noch nicht ausgeschöpft worden. Aktuell hat das Land Schleswig-Holstein wieder entsprechende Stellenanzeigen dazu geschaltet.

Die sich am Stadtrand befindende Einrichtung, die wie ein Hochsicherheitstrakt anmutet, kostet jährlich 18 Millionen Euro. Das Bündnis »Kein Abschiebegefängnis in Glückstadt und anderswo« stellt deshalb die vergleichende Frage, wie viele Seenotrettungsschiffe beziehungsweise Deutschkurse man für diese Summe wohl finanzieren könnte. »In der Abschiebehaft werden Menschen inhaftiert, die keinerlei Straftaten begangen haben. Das ist nicht nur ein unmenschlicher Ausdruck von institutionellem Rassismus, sondern in vielen Fällen schlicht unrechtmäßig«, sagt Bündnis-Mitglied Ela Hazem. Sie verweist auf den sich auf Abschiebehaft spezialisierten Anwalt Peter Fahlbusch, nach dessen Beobachtung rund 50 Prozent aller Inhaftierungen rechtswidrig sind.

Treffpunkt zur Demonstration am Samstag ist um 13 Uhr am Glückstädter Hafen. Eine Zubringer-Fahrrad-Demo von Elmshorn nach Glückstadt startet um 11.30 Uhr am Bahnhof (Holstenplatz). Am 10. und 11. Juni findet ein bundesweites Koordinierungstreffen von Gruppen gegen Abschiebehaft in Dresden statt, das von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt wird. Kernthema dabei sind die Vollzugsbedingungen in den verschiedenen Einrichtungen.

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