Sparen müssen nur die Armen

Sich von Verantwortung freizukaufen, ist ein Privileg, findet Claudia Krieg

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Reichen haben es nicht leicht. Es geht ihnen an den Kragen. Weniger konsumieren – für das Klima. Droht ihnen gar das Schicksal der Klimawandelverlierer? So wie auch ein bekanntes Berliner Boulevardblatt kürzlich titelte: »Jetzt sollen wir alle sparen!«?

Das Klimaschutzprogramm in der Hauptstadt, mit dem diejenigen erreicht werden sollen, die es sich aussuchen können, ob sie viel oder wenig Geld ausgeben können, ist ambitioniert. Menschen vom Sparen zu überzeugen, die ihren Habitus darauf ausgerichtet haben, genau das nicht zu tun und nicht tun zu müssen, ist eine, nun ja, fricklige Angelegenheit. Denn für sie geht es um andere Fragen als für viele Menschen, die eher wenig Geld verdienen und zur Verfügung haben und angesichts von Inflation und steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten um ihre Existenzen bangen müssen. Oder sich andersherum höchstens noch die Frage stellen können: Wie viel Umweltschutz kann ich mir denn überhaupt leisten?

Die Nachteile, die für reiche Menschen im Angesicht des Klimawandels und globalpolitischer Konflikte entstehen, sind da überschaubarer. Es ist zwar sicherlich nicht so, dass sie auf Flutkatastrophen, Hitzewellen und Trockenheit stehen. Auch dass sich Pandemie und Kriege auf die Auswahl von Reisezielen auswirkt, ist ärgerlich. Aber wirklich betroffen sind sie von den aktuellen Verwerfungen wohl kaum. Selbst Bewusstsein ist käuflich: Wer fliegt, zahlt eben seinen Anteil in die Kasse des Emissionshandels, wer gern und über die Maßen konsumiert, kann sich das mit dem entsprechenden Anteil an Ökoprodukten schönreden.

Allerdings, und da muss man den Verantwortlichen der Berliner Energieagentur und des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) mit ihrer Adressierung recht geben: wer im kommenden Winter eine 200-Quadratmeter-Wohnung kuschelig warmhalten will, um nach der heißen Badewanne auch im T-Shirt herumlaufen zu können, sollte darüber aufgeklärt werden, dass das nicht mehr ganz so billig zu haben sein wird wie sonst. Geben wir den Reichen eine Chance!

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