Keine Zähne zeigen im Bus

Koalition stimmt angesichts der Coronawelle für Verlängerung der Maßnahmen

  • Matthias Krauß, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.
Leider halten sich immer weniger Menschen daran, aber Masken bleiben weiterhin Pflicht in Bahnen und Bussen.
Leider halten sich immer weniger Menschen daran, aber Masken bleiben weiterhin Pflicht in Bahnen und Bussen.

Mit der Mehrheit der Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen hat der Gesundheitsausschuss des Landtags in einer Sondersitzung am Montag die Corona-Maßnahmen um einige Wochen verlängert und damit dem Vorschlag von Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) zugestimmt. Die beiden Vertreter der Linken hatten sich bei der Abstimmung enthalten, die drei Vertreter der AfD sowie der Abgeordnete von BVB/Freie Wähler votierten gegen die Verlängerung.

In der Hauptsache ist damit durchgesetzt, dass in Bahnen und Bussen bis 16. August weiter das Tragen einer FFP2-Maske Pflicht ist. Der Ausschussvorsitzende Björn Lüttmann (SPD) sagte, dass möglicherweise am Ende der Sommerferien eine weitere Ausschuss-Sondersitzung nötig sei, um gegebenenfalls über die nochmalige Verlängerung der Maßnahmen zu befinden.

Zuvor hatte Gesundheitsministerin Nonnemacher die Notwendigkeit unterstrichen, Schutzmaßnahmen beizubehalten. Im Unterschied zum Vorjahr habe es im laufenden Sommer kein starkes Abklingen der Corona-Infektionen gegeben. Im Gegenteil, das Kabinett habe bei seiner Empfehlung die deutlich zunehmenden Infektionen der vergangenen Woche einbeziehen müssen. Die gegenwärtige Inzidenz von 514 in Brandenburg liegt 50- bis 100-fach so hoch wie im Sommer 2021. Zwar liegt das Bundesland im Bundesvergleich laut Nonnemacher noch im unteren Drittel, doch habe sich die Zahl der im Krankenhaus behandelten Menschen innerhalb von zwei Monaten von 167 auf 467 erhöht. Der hohe Corona-Krankenstand beim Klinikpersonal zwinge zu Reaktionen. In Brandenburg/Havel habe er beispielsweise dazu geführt, dass Patienten in andere Krankenhäuser des Landes verlegt werden mussten. Eine überstandene Covid-Erkrankung schütze keineswegs zwingend vor weiteren Ansteckungen, betonte die Ministerin, im bürgerlichen Beruf selbst Ärztin. »Wir haben jede Menge Fälle, bei denen sich Menschen innerhalb von sechs Wochen zweimal angesteckt haben.«

Sie könne keine Entwarnung geben, sagte Nonnemacher, da »von einer erheblichen Infektionslage« auszugehen sei. »Ich bedauere sehr, dass das Infektionsschutzgesetz derzeit eine Maskenpflicht in Innenräumen nicht hergibt«, führte die Ministerin aus. »Ich würde dies angesichts der hohen Infektionszahlen für angemessen halten.«

Die online durchgeführte Sondersitzung war im Wesentlichen eine Diskussion zwischen der Ministerin und den AfD-Vertretern, die eine Verlängerung der Maßnahmen vehement ablehnten. AfD-Fraktionschef Hans-Christian Berndt verwies auf Schweden, wo im April sämtliche Corona-Einschränkungen abgeschafft worden seien und wo eine deutlich geringere Ansteckungsentwicklung zu beobachten sei. In Schweden liege die Ansteckungsrate bei 55,5, in Deutschland dagegen bei 729.

»Ich betrachte weder die Entwicklung in Schweden noch in Kasachstan«, entgegnete Ministerin Nonnemacher. Das ohnehin schon in zunehmendem Maße beanspruchte Gesundheitswesen Brandenburgs müsse sich auf eine erhebliche Belastung im Herbst einstellen. Die Behauptung, dass 90 Prozent der Covid-Patienten anderer Beschwerden wegen ins Krankenhaus gehen und dort überhaupt erst von ihrer Covid-Erkrankung erfahren, »halte ich für nicht gesichert«. Bei vielen Angesteckten treten erst nach Tagen schwere Symptome auf. Wenn bei einem Krankenhauspatienten Covid-19 nachgewiesen wird, dann muss er isoliert untergebracht und behandelt werden. Das stelle für den Krankenhausbetrieb eine erhebliche zusätzliche Anforderung dar. Der Ministerin zufolge mussten schon ganze Stationen in Krankenhäusern geschlossen oder die Bettenzahl deutlich verringert werden, weil ein erheblicher Teil des Personals erkrankt sei. Aus dem gleichen Grund würden bei der Bahn viele Züge ausfallen. Die wieder anrollende Corona-welle stelle für die Wirtschaft des Landes »ein erhebliches Problem dar«.

Den Vergleich mit Schweden bezeichnete der SPD-Abgeordnete Günter Baaske als »lächerlich«. Dort lebten auf einem Territorium, das doppelt so groß wie Deutschland ist, zehn Millionen Menschen. Deren Verteilung sei nicht allein durch die Bevölkerungsdichte um Stockholm bestimmt. Wenn Deutschland auf Schutzmaßnahmen verzichtet hätte, wie Schweden es getan hat, dann »wären rund 16 000 Menschen mehr gestorben«. Baaske: »Mir sind die nicht egal.«

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