Moskaus Menschenhandel

Die US-Basketballerin Brittney Griner könnte im Zuge eines Gefangenenaustauschs zwischen Russland und den USA freikommen

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 3 Min.

Direkt nach dem Urteil wandte sich Brittney Griner an ihre Liebsten. »Ich liebe meine Familie«, sagte die US-Amerikanerin in einem Gerichtssaal im Moskauer Vorort Chimki. Dort wurde Griner, eine der besten Basketballerinnen der Welt, zu neun Jahren Haft und einer Geldstrafe von einer Million Rubel (16 000 Euro) Strafe verurteilt. Im Februar waren bei der 31-Jährigen am Moskauer Flughafen Scheremetjewo bei der Einreise Drogenprodukte gefunden worden. Die Fragen, warum eine Leistungssportlerin überhaupt Cannabis mit sich führt und warum sie, die seit Jahren in Russland aktiv ist, anschließend meinte, Russlands Drogenpolitik nicht zu kennen, gerieten schnell in den Hintergrund.

Festgenommen wurde Griner eine Woche vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, öffentlich wurde der Vorfall erst zwei Wochen später. Der Zeitpunkt, an dem der russische Zoll die Inhaftierung der Basketballerin verkündete, führte zu ersten Spekulationen, dass die Regierung sie als Pfand für einen Tausch festhält. Dennoch hofften die USA noch bis in den Mai, die Angelegenheit würde sich schnell erledigen und Griner könne Russland mit einer Bewährungsstrafe verlassen. Als Washington merkte, dass die Hoffnung vergebens war, beschuldigte man Russland, Griner als Geisel zu halten, was Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vehement zurückwies und an die restriktive Drogengesetzgebung seines Landes erinnerte. »Das wird streng nach dem Gesetz verfolgt, da kann man nichts machen«, so Peskow in einem Interview mit dem US-Sender MSNBC. Zeitgleich führten Washington und Moskau anscheinend bereits Gespräche über einen Austausch Griners. Russland wollte für die Basketballerin niemanden geringeres als den »Händler des Todes«, Wiktor But, haben, der in den USA wegen Waffenhandels eine langjährige Haftsstrafe absitzt.

Nach der Verurteilung Griners forderte der Koordinator für strategische Kommunikation des nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, Russland zu einem Gefangenenaustausch auf. Russlands Außenminister Segrej Lawrow deutete an, daran interessiert zu sein. Moskau sei »bereit, über das Thema zu sprechen«, sagte Lawrow auf einer Pressekonferenz bei einem Besuch in Kambodscha. Dafür müsse aber ein direkter Kommunikationskanal zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden eingehalten werden, der zwischen beiden vereinbart worden sei. Kurz zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken mit Lawrow telefoniert und versucht, Druck auszuüben. Zudem bemühte sich Blinken, den wegen Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilten US-Bürger Paul Whelan freizubekommen.

Erst im April hatte Moskau den texanischen Studenten und Ex-Soldaten Trevor Reed gegen den Piloten Konstantin Jaroschenko getauscht. Reed sollte eine neunjährige Haftstrafe absitzen, nachdem er betrunken in Moskau auf Polizisten losgegangen war. Jaroschenko verbüßte eine 20-jährige Strafe, nachdem er in Liberia wegen Drogenschmuggels festgenommen und in die USA gebracht worden war. Der Austausch auf dem Flughafen von Ankara erinnerte an Szenen auf der Glienicker Brücke während des Kalten Kriegs.

Der mögliche Tausch von Griner und Whelan gegen But wäre ein neuer Höhepunkt in Moskaus Tauschgeschäften mit Inhaftierten. In Russlands Gefängnissen sitzen aber noch weitere US-Amerikaner, die für den Kreml zur Verhandlungsmasse werden können. Im vergangenen Juni merkte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, an, dass 17 US-Staatsbürger in russischer Haft seien. Neben Griner und Whelan sorgen sich die USA insbesondere um Mark Vogel. Der 60-jährige ehemalige Botschaftsangestellte und spätere Lehrer einer englischsprachigen Schule in Moskau war im August 2021 ebenfalls wegen der Einfuhr von Drogen verhaftet und später zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Noch hat Moskau nicht durchblicken lassen, wen oder was man für Vogel haben möchte. Mit AFP

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