Kein Geld für den Hochwassertunnel

Goslar schiebt den Katastrophenschutz auf die lange Bank

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.

Welterbe- und Naturschützer sind entsetzt. Weil der Finanzausschuss des Goslarer Stadtrates 40 000 Euro Planungskosten für einen Hochwassertunnel aus dem Haushalt 2023 gestrichen hat, befürchten mehrere Initiativen für den Fall neuerlichen Starkregens irreparable Schäden für die zum Weltkulturerbe zählende Goslarer Altstadt.

Nach einem viel zu warmen Winter und einem verregneten Frühsommer tobten Ende Juli 2017 schwere Unwetter im Nordharz. Teile von Goslar, Bad Harzburg und Ilsenburg versanken im Wasser. Innerhalb von drei Tagen fielen mehr als 250 Liter pro Quadratmeter Niederschlag, kleine Gebirgsbäche verwandelten sich in reißende Ströme, traten über die Ufer und überschwemmten Straßen und Plätze.

Als eine Konsequenz aus der Katastrophe wird in Goslar über den Bau eines Tunnels diskutiert. 30 Meter unter der Erde und zwei Kilometer lang, soll er bei Hochwasser bis zu 20 000 Liter Wasser pro Sekunde aus dem durch den Ort fließenden Bach Abzucht aufnehmen und an der Altstadt vorbeileiten.

Der Tunnel soll nach bisherigen Schätzungen zwischen 20 und 30 Millionen Euro kosten. Rund 80 Prozent der Baukosten könnten durch Fördermittel abgedeckt werden. Für die bereits beschlossene Planung des Tunnels hat das niedersächsische Umweltministerium demnach bereits einen Zuschuss von 750 000 Euro zugesagt, 40 000 Euro sollte die Stadt im nächsten Jahr beisteuern. Diese Ausgabe will der Finanzausschuss nun nicht mehr bewilligen. »Wir haben den Antrag gestellt, weil wir nicht glauben, dass dieses 30-Millionen-Projekt für die Stadt zu schaffen ist«, begründete Linke-Ratsherr Michael Ohse laut »Goslarsche Zeitung« den Vorstoß. Der Antrag sei einstimmig angenommen worden.

Die Initiativgruppe Altstadt Goslar und die Organisation World Heritage Watch interpretieren das Votum als »Absicht des Stadtrates, den Hochwasserschutz für die Altstadt von Goslar aufzugeben«. Friedhart Knolle vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) attestiert den meisten Goslarer Kommunalpolitikern eine »Hochwasseramnesie«. Die Stadtverwaltung sieht das Tunnelprojekt indes nicht gescheitert. »Das Projekt Hochwasserentlastungsstollen ist eine der Säulen des Hochwasserschutzkonzeptes Goslar, und nur die Summe der Umsetzung verschiedener Maßnahmen wird diesen Schutz erreichen können«, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

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