Linke-Kreisvorsitzende tritt wegen Ukraine und AfD zurück

Landtagsabgeordnete Marlen Block reagiert auf Spaltung der Linksfraktion im Potsdamer Stadtparlament

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Die Linke befindet sich in einer existenzbedrohenden Situation.« Das sagte die Kreisvorsitzende Marlen Block am 26. November bei einer Gesamtmitgliederversammlung der Potsdamer Linken im Bürgerhaus am Schlaatz. Die Abgrenzung zur AfD sei für sie persönlich und viele andere »die rote Linie, die niemals überschritten werden darf«. Nun ist Block als Kreisvorsitzende zurückgetreten und hat das in einer Erklärung vom Freitag unter anderem damit begründet, dass »ein anderer als ein konsequent ablehnender Umgang mit der AfD, deren Anträgen und Akteuren« gefährlich und geeignet sei, die Linke weiter ins gesellschaftliche Abseits zu führen.

Bei der Mitgliederversammlung Ende November wurde über den Umgang mit dem parteilosen, aber der Linksfraktion angehörenden Stadtverordneten Ralf Jäkel gestritten. Dieser hatte am 7. September für den Antrag der AfD gestimmt, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) solle sich für die Öffnung der russischen Gasleitung Nord Stream 2 einsetzen. Die Ansicht, dass die Öffnung von Nord Stream 2 etwas gegen die explodierenden Gaspreise ausrichten könnte, durfte Jäkel vertreten. Dass er aber einem Antrag der AfD zustimmte, war ein Fehler, den er inzwischen auch eingesehen hat. Er werde so etwas nie wieder tun, hat Jäkel versprochen.

Trotzdem bildeten acht Mitglieder der Linksfraktion eine neue Fraktion »Sozial. Die Linke«, spalteten sich so von der Restfraktion »Die Linke« ab, bestehend aus Ralf Jäkel und Hans-Jürgen Scharfenberg. Die Mitgliederversammlung beschloss nach hitziger Debatte mehrheitlich, dass die neue Linksfraktion legitimiert sei, die vereinbarte Rathauskooperation mit SPD und Grünen fortzusetzen. Zugleich entschied die Versammlung aber auch, dass der Kreisverband und mithin auch der Kreisvorstand bis zur nächsten Kommunalwahl im Jahr 2024 mit beiden Linksfraktionen zusammenarbeiten soll.

Scharfenberg hatte im Dezember die Kreisvorsitzenden Block und Roland Gehrmann in seine Linksfraktion eingeladen, um mit ihm und Jäkel zu besprechen, wie die Zusammenarbeit bewerkstelligt werden soll. »Es gibt noch keine Reaktion auf diese Einladung«, sagt Scharfenberg am Montag.

In Blocks Fall hat es sich nun auch erübrigt. Ihr Rücktritt anderthalb Monate nach der Mitgliederversammlung darf als Spätfolge der damaligen Auseinandersetzungen gewertet werden. Eine neue Konfrontation ist nicht bekannt. Sie habe sich ihre Entscheidung »nicht leichtgemacht«, versichert Block. »Vielfach geäußerte Ansichten einer größeren Minderheit in der Partei zur Frage der Bewertung des Kriegs in der Ukraine als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, zum Umgang mit den Russland-Sanktionen, aber ganz besonders zum Umgang mit der AfD und dem Abstimmungsverhalten eines Stadtverordneten unserer Fraktion haben meine moralischen und politischen Grenzen jedoch in einem Maße überschritten, dass der Rücktritt als Vorsitzende für mich alternativlos ist.«

Block ist seit 2015 Parteimitglied und war im November 2021 für zwei Jahre zur Kreisvorsitzenden gewählt worden. Seit 2019 ist die Rechtsanwältin Landtagsabgeordnete und das will sie bleiben. Sie werde auch nicht aus der Partei austreten, betont die 1980 in Berlin Geborene. Als einen Beweggrund für ihren Rücktritt als Kreisvorsitzende nennt sie die verhältnismäßig hohe Zahl von Stimmen, die bei der Mitgliederversammlung der Antrag erhalten hatte, in einem Leitantrag zur sozialen Lage die vorgeschlagene Formulierung »völkerrechtswidriger russischer Angriffskrieg« durch »Krieg in der Ukraine« zu ersetzen. Die Diskussion darüber drehte sich darum, wer die Verantwortung für diesen Krieg hat und ob die Attacken russischer Truppen ab dem 24. Februar nicht von der Nato provoziert worden seien. Die gewünschte Änderung der Textpassage fand jedoch keine Mehrheit – glücklicherweise, wie Block erklärt.

Der nun allein auf dem Posten bleibende Co-Kreisvorsitzende Gehrmann bedauert den Rücktritt und versichert: »Das Team des Kreisvorstandes ist weiterhin voll handlungsfähig.« Der Kreisvorstand wolle sich voraussichtlich im Februar verständigen, wann genau die im Jahr 2023 sowieso anstehende Neuwahl des Vorstands stattfinden solle. Zu der von der Mitgliederversammlung verlangten Zusammenarbeit mit beiden Linksfraktionen erklärte Gehrmann am Montag kurz und bündig: »Es findet ein anlassbezogener Austausch statt.«

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