Geburtstagsfeiern mit Gleisanschluss

Am ehemaligen Potsdamer Hauptbahnhof sollen wieder mehr Züge halten

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Als der Präsident des brandenburgischen Wirtschaftsforums Miloš Stefanović das Treffen des
Unternehmerverbandes am Montagabend eröffnete, wandte er sich an ein gemischtes Publikum: »Einige von Ihnen werden noch erlebt haben, dass dieser Ort hier der Hauptbahnhof einer DDR-Bezirksstadt war. Andere sind wohl zum ersten Mal hier.« Eingeladen war das Forum vom Betreiber der »Eventlocation Bahnhof Pirschheide« – so der aktuelle Name der Bahnanlage – im Westen der Landeshauptstadt Potsdam.

Von der äußeren Kastenform abgesehen, erinnert fast nichts mehr an die große Empfangshalle des Hauptbahnhofs, der 1993 seine Bedeutung an den innerstädtischen Potsdamer Hauptbahnhof abgeben musste. Manche sagen auch zurückgeben. Doch sind auf der einen Seite der großen Halle die originalen Wandkacheln erhalten geblieben, die diesem einst modernsten Bahnhof der DDR sozusagen das innere Gepräge gaben. Der Bahnhof wurde in den Jahren 1956 und 1957 errichtet und 1958 eingeweiht.

Für Archibald Horlitz von der Eventlocation sind diese Daten ein Indiz dafür, dass die 1961 erfolgte Abriegelung von Westberlin schon vorher in Betracht gezogen worden sein musste. Denn weil die Bahnverbindung von Potsdam nach Berlin über Wannsee nach dem Mauerbau nicht mehr existieren würde, habe eine Alternative vorbereitet werden müssen. Sein Vortrag unter dem Titel »Vom ehemaligen Hauptbahnhof Potsdam zur Eventlocation – Einblicke in Vergangenheit und Zukunft« vermittelte, dass mit dem Fall der Mauer die DDR-Verkehrslogik an dieser Stelle obsolet wurde und der Bahnhof als zentraler Verkehrsstandort bis auf Restangebote funktionslos. Dort, wo einst die Mitropa, also das Bahnhofsrestaurant der Deutschen Reichsbahn, seinen Sitz hatte, wurde eine Bowlingbahn eingebaut. Der Bahnhof selbst war praktisch stillgelegt und litt unter Vandalismus. Nur noch auf einem Gleis hielten Regionalzüge.

Vor einigen Jahren aber wurde der Hebel umgelegt und der Empfangsbereich des früheren Bahnhofs als »Eventlocation« ausgebaut. Im Internet wirbt das Restaurant mit einem Schwarz-Weiß-Bild vom intakten Potsdamer Hauptbahnhof und den Sätzen: »Durchschreiten Sie die
Stahltüren und treten Sie ein in einen fast vergessenen Ort. Ein Ort wie ein Schatz, der in neuem Glanz erstrahlt und sich doch einen historischen Charme erhalten hat.«

Horlitz berichtete, dass nach der erzwungenen Corona-Pause die Eigentümer wieder ihre Pläne umsetzen und ihre »Leidenschaft für die Musik« ausleben konnten. Aufgetreten seien hier die Rockgruppen Puhdys, Karat und City. Horlitz bot das Haus an für Firmenfeiern, Hochzeiten, Abi-Bälle und Geburtstagsfeiern. Mit dem großen Kongresshotel in der unmittelbaren Nachbarschaft sei man eine Kooperation eingegangen. »Man schläft dort sehr gut.«

Tatsächlich soll sich die angekündigte »glänzende Zukunft« des Bahnhofs Pirschheide aber nicht nur auf eine vielfältige Möglichkeit des Feierns beschränken. Eine Vertreterin der Deutschen Bahn verkündete Pläne, den Bahnhof Pirschheide für eine schnelle Verbindung zum Großflughafen BER in Schönefeld auszubauen und die Regionalbahnstrecken nach Beelitz (RB 22/23) hier am Ort kreuzen zu lassen. Dafür würden der untere Bahnsteig und zwei obere Bahnsteige instand gesetzt und auf den neuesten Stand gebracht. »Wir hoffen, Ende des Jahres in Betrieb gehen zu können.«

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