Das große Suchen an Ostern

Ein kurzer Spaß zu Ostern und ein ewiges Thema für die Menschheit

  • Lesedauer: 15 Min.
OsterHase?
OsterHase?

Egal, wie flott Sie an Ostern die Eier finden und ob Sie überhaupt welche suchen: Schätzungen zufolge geht durchschnittlich etwa ein halbes bis ganzes Jahr eines langen Lebens für die Suche nach Gegenständen wie Schlüsseln und Brillen drauf. Ganz zu schweigen von der Sinnsuche, die erheblich länger dauern kann. Sollte man es also einfach lassen und lieber noch eine Serie gucken? Auf keinen Fall, schreibt Erik Zielke in seiner Anmerkung zur Sinnsuche.

Also haben wir uns zu Ostern auf die Suche gemacht, etwa nach Geschenken und Büchern, Zeit und Geld. Und festgestellt: Die Suche kann zu schönen Zufallstreffern und verblüffenden Ergebnissen führen.

Glauben lernen: Auf der Suche nach dem Sinn

Der ehemalige Volksbühnen-Dramaturg Carl Hegemann erzählte einmal, wie die Theatermacher Anfang der 90er Jahre das Haus in Berlin-Mitte mit einem riesigen Banner versahen. »Ohne Glauben leben« lautete die Aufschrift. Das verwechselten einige mit einer diffusen Sehnsucht nach Spiritualität. Dabei fing die kurze Botschaft über dem Eingangsportal wie das Programm dieses Theaters überhaupt etwas ganz anderes ein: das Vakuum, das die Implosion der DDR bedeutete. Mit dem Untergang des Staates ist einiges abhandengekommen – für einige der Glaube an das Menschheitsprojekt Sozialismus, für andere vielleicht ein mächtiges Feindbild.

Und wo stehen wir jetzt, gut drei Jahrzehnte später? Nach wie vor kaum Erfolge auf der Sinnsuche. Privatime Ausnahmen einmal beiseite gelassen. Die menschliche Grunderfahrung im Spätkapitalismus aber heißt: Depression. Wer zwischen Überstunden und sogenannter Freizeitgestaltung zwischen Berieselung und Betäubung noch dazu kommt, sich über tiefere Zusammenhänge Gedanken zu machen, wird so viel nicht zu lachen haben. Die Zuversicht scheint tief begraben im Jahre des Herrn 2023.

Was also tun? Dem Hedonismus frönen? Oder doch lieber den Weg der Askese beschreiten? Yoga-Retreat, Fasten, Achtsamkeitstraining? Vielleicht birgt die Investition in einen Aktienfonds ein bisschen Lebensglück? »Der Weg ist nicht zu Ende, wenn das Ziel explodiert«, wusste Heiner Müller, ebenfalls einer der Gewährsmänner der Berliner Volksbühne jener Jahre, mitzuteilen. Na denn, weitermachen! Erik Zielke

Leben in der Wüste: Warum ist auf einmal alles beige? Die Suche nach Primärfarben

Neulich musste ich in ein Einrichtungsgeschäft, weil wir Bettwäsche brauchten. Bereits beim Betreten des Ladens wurde klar, dass hier der Stecker für die Primärfarben gezogen wurde. Der komplette Verkaufsraum war in Ocker, Sand und Creme getaucht. Klobürstenhalterungen in beige, Badematten in Elfenbein, Schuhanzieher in Karamell. Es war so, als hätte jemand einen Sepia-Fotofilter auf die Szenerie gelegt.

Ich begann, zu recherchieren. Nicht nur die Möbelbranche (vor allem Kinderzimmer), auch die Mode hat sich dem monochromen Trend unterworfen. Aber warum? Ist das die vorweggenommene Dystopie? Unser Leben auf Dune, dem Wüstenplaneten? In absehbarer Zeit werden die Temperaturen derart steigen, dass sich tatsächlich Klamotten als unpraktisch erweisen, die Sonnenstrahlen schlecht reflektieren. So weit, so avantgardistisch oder viel mehr: fatalistisch. Aber gut, so sind wir Menschen: Jetzt machen wir erstmal nichts und dann warten wir ab. Die Mode hat sich dem inneren Schweinehund angepasst.

Aber die Einrichtungsgegenstände? Was können die für die Beschissenheit der Dinge? Wahrscheinlich sind auch hier die Sehnsucht nach Harmonie und klaren Strukturen Gründe für das Phänomen, das eine Influencerin als »Sad Beige« bezeichnet hat. Aber warum beige? Alles in Rottönen? Das ist zu aggressiv. Alles in Grün? Zu hoffnungsvoll; dafür besteht überhaupt kein Anlass. Beige ist die farbgewordene Kapitulation und passt deshalb so gut in unsere Zeit. Wer morgens vom sandfarbenen Tellerchen isst, wer sich mit Handtüchern in Haselnuss abtrocknet, der will keine Barrikaden anzünden, der will von sandfarbenen Tellerchen essen und sich mit Handtüchern in Haselnuss abtrocknen.

Im Internet habe ich dann Bettwäsche in Blau mit roten Streifen gefunden. Es besteht noch Hoffnung für uns alle. Christin Odoj

Speed Living: Wer keine Zeit findet, hat nicht richtig gesucht

Keine Zeit? Dann machen Sie etwas falsch. Der Tag hat 24 Stunden, und die muss man eben gescheit nutzen. Wie? Dafür gibt es Hunderte von Tipps, nicht nur im Internet. Ja, ja, es dauert eine Weile, sich da durchzuarbeiten. Aber dann geht’s los, ohne Zögern. Die 5-Sekunden-Regel hilft, Dinge gleich anzupacken. Wenn Sie fürs Anpacken noch nicht wach genug sind, empfiehlt sich ein 7-Minuten-Programm für den perfekten Start in den Tag, Fitness und den Traumkörper noch dazu. Danach heißt es: kürzer duschen. Das sagt sogar der Minister Habeck, und es spart Energie, Geld und Zeit. Was? Sie wollen kürzer arbeiten? Haha, das kann ja jeder, so leicht wollen wir es uns hier nicht machen. Die Empfehlung kennt auch das Internet nicht. Effizienter arbeiten lautet die Devise. Aufgaben klären, Prioritäten setzen, Zeitplan erstellen und dann, zack, zack, eins nach dem anderen und immer das Nächste im Blick behalten. Ist ein bisschen anstrengend, erfreut aber den Chef und dient der Karriere. Ja, sicher, auch die Freizeit lässt sich effizient gestalten. Mit Speed Reading haben Sie ein Buch in 15 Minuten durch, es muss ja nicht gerade dieser Proust sein. Eine Sprache zu lernen, erfordert Disziplin, geht aber auch in nur einer Viertelstunde am Tag. Gesundes Essen ist in weniger als 30 Minuten auf dem Teller, gar kein Problem. Plan machen, Ordnung halten, mit den richtigen Apps einkaufen und von unterwegs den Staubsauger steuern, fertig ist das bisschen Haushalt. Aha, hmmm, Kinder … Die sind natürlich ein Problem – so ineffizient! Doch das Internet weiß Rat, wie man sich von Kindern nicht die Zeit nehmen lässt: »Verbringen Sie weniger Zeit mit Ihren Kindern.« Hätte man auch selbst drauf kommen können! Ach, in der mühsam erwirtschafteten Zeit wollen Sie Serien schauen, Podcasts hören, puzzeln, Mandalas malen und Waldbaden? Dann schlafen Sie eben nicht so lang! 3,5 Stunden in der Nacht können schon genügen, heißt es – wenn Sie dafür dreimal pro Tag ein 20-Minuten-Nickerchen machen. Dafür fehlt die Zeit? Dann suchen Sie sie! Zum Beispiel an Ostern. Regina Stötzel

Immer wieder schön: Die Geschenksuche kann zu verblüffenden Ergebnissen führen

Geburtstage von Kindern sind etwas Schönes. Solange die Kinder klein sind. Dann freuen sie sich über fast alles. Werden sie größer, wird die Sache schwieriger. Die Wünsche werden anspruchsvoller, spezieller, teurer. Und nicht jeden Wunsch möchten die Eltern gutheißen.

Als wieder einmal der Geburtstag unserer Tochter herannahte, machten wir uns rechtzeitig Gedanken. Also etwa eine Woche vorher. Es vergingen zwei Tage ohne Einfälle, dann beschlossen wir, das Kulturkaufhaus aufzusuchen. Allein schon dieses Wort hat einen magischen Klang. Das Kaufhaus ist dann noch viel besser. Mehrere Etagen voller Bücher, Musik, Spiele und Schnickschnack. Wo beginnen mit der Suche nach einem passenden Geschenk? Das Kind ist längst erwachsen und aus dem Haus, und es hält uns über seine Interessen und Vorlieben nicht detailliert auf dem Laufenden.

Die Regalwand mit der »Spiegel«-Bestsellerliste lässt man natürlich links liegen, denn etwas zu verschenken, was gerade alle gut finden sollen, ist vollkommen uncool. Also hinab ins Untergeschoss, zur Musik. Aber dann: Ratlosigkeit. Denn die Tochter ist Musikerin, und wir wissen nicht so genau, was sie schon kennt und besitzt. Oder was ihren Ansprüchen vielleicht nicht genügt. Man möchte sich ja nicht blamieren. Wieder hinauf zur Literatur, auch hier ein unglaubliches Überangebot. Kurzer Abstecher in die Spieleabteilung; man nimmt dies und jenes in die Hand, aber dann erinnern wir uns, dass die Tochter die guten Spiele meist vor uns kennt. Hmm.

Nochmal zu den Büchern, langes unentschlossenes Schlendern. Und dann: ein schmales Bändchen mit Gedichten von Mascha Kaleko. Ja, das ist es doch. Gefühlvoll, aber nicht sentimental; mal traurig, mal optimistisch, selbstbewusst, ironisch, politisch, persönlich. Für jede Lebenslage etwas dabei. Na bitte! Das Päckchen wird abgeschickt, der Geburtstag ist da, obligatorischer Anruf, Glückwünsche, ja, das Päckchen ist pünktlich angekommen, ja, vielen Dank für die netten Kleinigkeiten. Und, fragen wir, wie findest du das Buch? Ja, schön, sagt die Tochter. Genauso schön wie vor zwei Jahren, als ihr mir das schon mal geschenkt habt. Wolfgang Hübner

Geldtheorie nach Marx: Vom Suchen und Finden von Büchern

Wer einmal auf die Idee gekommen ist, in den eigenen vier Wänden eine kleine Privatbibliothek anzulegen, der muss mit den Konsequenzen leben. Wohl dem, der nur aus dekorativen Gründen oder in Ermangelung einer Tapete oder weil er zu faul ist, das Altpapier wegzubringen, damit begonnen hat, Bücher die Wand hochzustapeln. Wer aber darauf angewiesen ist, einen bestimmten Band zwischen den zigtausend Seiten wiederzuentdecken, der muss auf einiges gefasst sein. Die Jagd im Bücherdschungel gerät schnell zum Abenteuer.

Es wäre gelogen, behauptete ich, die Suche wäre nur eine Qual. Zugegeben: Ich finde nur selten, was ich suche. Aber man wird doch das eine oder andere Mal durch schöne Zufallstreffer, direkt am Ziel vorbei, entzückt. Der Blick schweift zunächst oberflächlich über die prall gefüllten Regalbretter. Aber was steht in der zweiten Reihe? Sind nicht noch ein paar Kisten ausgelagert im Keller? Ein paar Bücher unterm Bett? Erst kürzlich habe ich zwei Regale im Hausflur aufgestellt – meinen Nachbarn zur Freude.

Wer hätte das gedacht: Der Reisepass, der kürzlich noch unauffindbar war, weswegen eine Fahrt nach Paris ausfallen musste, steckt eingeklemmt zwischen zahlreichen Reiseführern! Und in Marxens »Kapital«, Band eins, findet sich doch allen Ernstes ein 20-Euro-Schein. Kein schlechter Ort, um etwas Bargeld zu verstauen. Allein, ich konnte mich an das gewitzte Versteck gar nicht erinnern.

Auf der Suche nach einem schnöden Synonymwörterbuch stoße ich auf ein hübsches Bändchen mit erotischen Versen von Goethe. Als ich nach einem leeren Notizbuch greifen will, lese ich mich in einer russischen Anleitung von 1992 über häusliche Selbstbewaffnung fest. Und als ich ein Diderot-Buch ausfindig machen will, bei dem ich nicht sicher bin, ob ich es überhaupt besitze, entdecke ich Band zwei und drei vom »Kapital«. Mein Glückstag? Aber nein, ein paar Randnotizen, aber keine Devisen. In dieser Büchersammlung folgt kaum etwas einer Systematik. Erik Zielke

Strafsache Eierklau: Von 200 000 wiedergefundenen Cadbury Creme Eggs

Es gilt als typisch britische Ostersüßigkeit: das Cadbury Creme Egg. Die Schokoladeneier sind mit einer weißgelben Fondantmasse gefüllt, imitieren so das echte Hühnerei und waren spätestens 1963 marktreif. Und sie sind dermaßen beliebt, dass sich ein 32-Jähriger in den englischen Midlands damit ein gutes Geschäft erhoffte. Gleich 200 000 der Spezialeier hatte er Mitte Februar gestohlen. Auch noch ein paar andere Süßigkeiten seien dabei gewesen, berichtet wenig später die Polizei, ohne in weitere hochkalorische Einzelheiten zu gehen. Aber der wohnungslose Mann wurde beim Abtransport des Diebesgutes gestellt und ergab sich mit erhobenen Händen. Recht flott wurde der bereits vorbestrafte Täter wegen Sachbeschädigung und Diebstahls angeklagt und bekannte sich vor Gericht auch schuldig. Der Wert der Eier allein wurde auf 40 000 Britische Pfund geschätzt. Mindestens ein zerstörtes Kettenschloss kommt noch dazu, der verwendete Lkw war gestohlen, die Kennzeichen gefälscht. Die beteiligten Behörden bescheinigten sich gegenseitig »eggcellent work«.

Den Dieb erwarten nun bis zu zwei Jahre Gefängnis, denn für den Staatsanwalt war »zu viel Planung« im Spiel, sprich: Das sei doch schon organisierte Kriminalität. Schon der Zeitraum der Beschaffung ist eingegrenzt, nur zwischen dem 1. Januar und Ostersamstag gibt es die Ware. Zur Entlastung des Angeklagten konnte nicht viel vorgetragen werden, dies aber schon: Die Eier wurden nicht angerührt, sie könnten noch verkauft werden.

Nur bei der Verkündung des Strafmaßes hakt es, das Gericht in Telford verschob den Termin auf die Zeit nach Ostern. Warum wohl? Soll der Täter reingelegt werden, damit die Eier nach Ostern als unverkäuflich gelten? Mussten die Eier noch geprüft werden? Kamen sie doch schon in den Verkauf? Muss das Strafmaß länger diskutiert werden, weil der Dieb die aktuelle Werbung missverstanden haben könnte, die da lautet: »How do you NOT eat yours«? Ist der Täter vielleicht gar nicht schuldfähig, weil er meint, der Osterhase zu sein? Ulrike Henning

Das Sockenmysterium: Eine Betrachtung potenzieller Fundstellen

Jeder kennt es: das Mysterium der verschwundenen Socke. Beim Befüllen der Waschmaschine waren es noch zwei, nach dem Waschgang taucht nur eine wieder auf. Waren wirklich beide drin? Man wird doch ganz sicher beide ausgezogen haben? Alles andere wäre zu niederschmetternd, aber ein verstohlener Blick nach unten sollte Gewissheit verschaffen. Am besten ist es natürlich, das Sockenschwundproblem an der Wurzel zu packen, gar nicht erst entstehen zu lassen. Für den Sicherheitsfreund gibt es deshalb Socken mit Druckknopf – aber sie zu kaufen, käme natürlich einer Kapitulation gleich. Und beim Arzt können solche Socken zu peinlichen Fragen führen: »Sind Sie sicher, dass Sie die Druckknöpfe gelöst hatten, bevor Sie die Treppe – nun ja, hinunterstiegen?« Nein, es muss eine vernünftige Lösung geben für das Sockenproblem! Für die verschwundene Socke danach, also nach dem Waschen. Jemand könnte einen Strumpf zweckentfremdet haben, zum Beispiel.

Man hat Socken schließlich schon mit dem absurdesten Inhalt gesehen: Mit einem Ei etwa, einem so genannten Stopfei, aber das ist zwei, drei Generationen her. Oder mit Kopf – vor Gericht kann der Bankräuber womöglich gar Strafminderung geltend machen, wenn er glaubhaft machen kann, aus reiner Verzweiflung auf die Idee zur bösen Tat gekommen zu sein, nämlich der Verwendung einer überzähligen, einsamen Socke wegen. Ja, und da ist noch das Ersparte, das die Leute früher angeblich unter der Matratze aufbewahrten. In einer Socke! Die Suche nach einer derart gefüllten Socke setzt allerdings das Suchen und Finden entsprechender Geldbeträge voraus, die man hineingetan haben könnte. All diese Varianten sind freilich ohnehin eher die Ausnahmen als die Regel und bei einer vernünftigen Suche nach verschwundenen Socken begrenzt erfolgversprechend. Wahrscheinlicher ist, dass man die Socke an einem unerwarteten Platz wiederfindet. In der zweiten Socke, zum Beispiel. Uwe Kalbe

Brot hinter der Paywall: Geld für journalistische Arbeit gesucht

Die meisten großen und kleinen Verlage haben über viele Jahre Produkte, die Journalist*innen erstellt haben, im Internet verschenkt. Seit einiger Zeit verlangen immer mehr Medien Geld dafür, was manche Menschen bedauern oder auch vollkommen falsch finden. Der Artikel stehe »leider hinter der Paywall«, ist auf Twitter oft zu lesen. Es sei »gesellschaftlich extrem fatal«, wenn wichtige Beiträge hinter einer Bezahlschranke stünden und damit nur von Besserverdienenden zu lesen seien, schreibt ein Nutzer.

Nun kann man sich ärgern, wenn man ein Abo abschließen muss, sobald man einen Text lesen möchte. Andererseits macht das Erstellen eines Artikels Arbeit und das Erstellen eines besonders guten Beitrags oft besonders viel. Damit Journalist*innen, Redakteur*innen und Gestalter*innen von ihrer Arbeit leben und ihre Miete bezahlen können, brauchen sie Geld, ein Gehalt oder ein anständiges Honorar, und zwar jeden Monat. So wie andere Lohnabhängige, beispielsweise Bäckerinnen oder Verkäufer. Das ist ein Grund, warum sich Brot und Käse ebenfalls hinter einer Bezahlschranke befinden. Immer lässt sich über die Höhe der »Paywall« streiten und auch über die Verteilung der Einnahmen, die ja nicht komplett zu den Beschäftigten fließen.

Dass auch Zeitungen und Zeitschriften, also Journalismus auf Papier, Geld kosten, ist gängige Praxis und wird selten beklagt. Aber Printmedien werden nun mal seltener gekauft. Anzeigen sind neben dem Geld von Lesenden eine Einnahmequelle, um Journalismus zu finanzieren, wobei gerade Medien, die sich nicht vor allem an Besserverdienende richten, kaum damit rechnen können, hohe Summen für Werbung einzunehmen, etwa für teure Uhren, weil die ihre Leser*innen sowieso nicht kaufen können.

Was also tun, damit möglichst viele Menschen Zugang zu Rechercheergebnissen haben und gleichzeitig die Recherchierenden ein anständiges Einkommen? Sollten diejenigen, die es sich leisten können, freiwillig für Journalismus zahlen? Kann man erwarten, dass dies genug tun? Die Suche nach Geld für Journalismus geht weiter. Eva Roth

Google googeln: Finden, was man nicht sucht. Und wo ist die nächste Bäckerei?

Suche bei Google, und du wirst immer etwas finden, das du nicht gesucht hast. Suche bei Google nach Google, und du wirst schon selbst sehen. Kalender, News, Maps, drive, flights, Übersetzer. Wie suche ich richtig? Auch danach kannst du bei Google suchen. Und wirst auf einen Tipp stoßen: Egal, wonach ihr sucht: Beginnt eure Suche mit einer einfachen Suchanfrage wie »Wo ist die nächste Bäckerei?«. Ich suche bei Google nach Google. Also: »Wo ist die nächste Bäckerei?« Die Anzeige ist übersichtlich. Drei Bäckereien zur Auswahl. Das hilft nicht bei der Suche nach Google, aber Café Sahnebaiser klingt gut.

Was ist Baiser? Bei Google über »Wir machen Schluss mit eingefallenen Tortenböden« hin zum Eiweißschlag mit Salz und Zucker. Und »mit den wiederverwendbaren Spritzbeuteln von Kaiser werden deine Baisertupfen ein Traum«. Kaiser? Ist ein Tupfen aus der Vergangenheit. Woher nimmt man in heutiger Zeit, also ohne Kaiser, die Spritzbeutel? Anfrage bei Google, und Google hilft mit der Gegenfrage: »Was tun, wenn man kein Spritzbeutel hat?« – »Ein Spritzbeutel selber machen«. Das Spritzbeutel? Ist das korrekt? Da kann man zum Glück bei Google fragen. Und findet Bilder zu Spritzbeutel, »Spritzbeutel günstig online kaufen«, aber keinen Hinweis auf das Geschlecht von Spritzbeutel.

Doch dieses ist nicht unwichtig für den Spritzbeutel, vor allem aber für uns. Wer es korrekt aussprechen will, muss es korrekt ansprechen können. Die lockende Überschrift »Welches ist der beste Spritzbeutel?« zeigt das Dilemma. Nicht »welcher«, sondern »welches«… Irgendwo zwischen maskulin und Neutrum also. Dem Spritzbeutel dienen, heißt bei Google weitersuchen und ist für maskulin und Neutrum der korrekte Dativ. Wenn man »Duden« eingibt, landet man bei so einer Art Wikipedia von früher. Was dort steht, gilt – noch. Bei Spritzbeutel steht »Substantiv, maskulinum. Also das Spritzbeuteltier, die Spritzbeutelspitze, aber der Spritzbeutel. «Welcher ist der beste Spritzbeutel?» Keine Ahnung. Aber was Google ist, hätten wir geklärt. Uwe Kalbe

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