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Krankenhausreform: Einigung erneut vertagt

Bund und Länder wollten finale Eckpunkte zur Krankenhausreform vorlegen, die Differenzen sind aber weiterhin zu groß

  • Kirsten Achtelik
  • Lesedauer: 3 Min.
Düstere Aussichten, oder kann die Modernisierung gelingen?
Düstere Aussichten, oder kann die Modernisierung gelingen?

Krankenhäuser sollen Kranke gesund machen. So weit, so gut – wenn das das einzige Ziel wäre. Heutzutage gehören Krankenhäuser aber oft Gesundheitskonzernen, die Profite machen wollen. Klinikverbände, Ärztevertreter*innen, Krankenkassen, Minister*innen der verschiedenen Bundesländer, die Kommunen, in denen die Kliniken liegen – die Interessen sind vielfältig und unterschiedlich, niemand möchte den Kürzeren ziehen.Wie weit die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versprochene »Entökonomisierung« gehen wird, ist weiter offen.

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»Angenähert« habe man sich, sagte der Bundesgesundheitsminister bei einer Pressekonferenz nach der Bund-Länder-Runde am Donnerstag. Mit der geplanten Reform soll die Finanzierung der Kliniken langfristig gesichert werden. Bisher werden die meisten medizinischen Leistungen über Fallpauschalen vergütet, was aber nicht die Kosten deckt und Fehlanreize setzt. Stattdessen sollen demnächst etwa 60 Prozent der Kosten über Vorhalte- und Pflegepauschalen, die sich an den tatsächlichen Kosten und Bedarfen orientieren, vergütet werden. Dadurch sollen die Krankenhäuser mehr Planungssicherheit für die Grundversorgung erhalten.

Dazu sollen die Kliniken bundeseinheitlich in Level eingeteilt werden, also Versorgungsstufen mit einheitlichen Mindestanforderungen. Diese würden auch für Patient*innen das Leistungsniveau von Kliniken transparenter machen. Da Kliniken mit der Zuteilung in Level teilweise Einkommensquellen verlieren, weil sie Leistungen nicht mehr anbieten könnten, gibt es gegen dieses Modell seitens der Länder massive Widerstände.

Angenähert haben sich Bund und Länder nun, indem die geplanten Leistungsgruppen der Kliniken und die dafür hinterlegten Qualitätsvoraussetzungen genauer definiert werden konnten. Unklar ist aber weiterhin, wer über die genauere Festlegung der Leistungsgruppen entscheiden können soll; da müsse man »nacharbeiten«, sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Manne Lucha (Grüne). Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann sieht die Gefahr, dass die Verhandlungen zu Lasten der Patient*innen gehen. Bei der verbindlichen Definition der Leistungsgruppen dürfe es »keine faulen Kompromisse geben«.

Lauterbach will die Unterteilung in Level beibehalten, kann das aber gegen die Länder nicht durchsetzen. Möglicherweise soll nun die Einstufung keinen Einfluss auf die Krankenhausplanung und die Vergütung bekommen, aber im Zuge einer Transparenz-Offensive von Seiten des Bundes veröffentlicht werden. In die Qualitätsbewertung der Klinikleistungen sollen unter anderem Fallzahlen, Komplikationsraten, Facharztdichte und die Pflegepersonalausstattung einfließen. Hier sei man gegenüber den Patient*innen in der »Bringschuld«, so Lauterbach.

Eine Einigung auf ein gemeinsames Eckpunktepapier ist nun für den 10. Juli angepeilt. Auf der Gesundheitsministerkonferenz in der kommenden Woche sollen die Beratungen zunächst weiter gehen. Man sei »sehr nah« an einem Endergebnis, sagte Lauterbach. Daher will er auch nicht von seinem bisherigen Zeitplan abweichen. In der parlamentarischen Sommerpause soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. Lauterbach rechnet weiter mit einem Inkrafttreten des Gesetzes Anfang 2024. Er sicherte zu, dass die Bereiche Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Notfallversorgung einen »zusätzlichen Sicherstellungszuschlag« erhalten sollen. Die Länder hatten dafür mehr Mittel gefordert.

Die Reform ist auch deshalb dringend, weil mehrere Kliniken so rote Zahlen schreiben, dass ihre Existenz gefährdet ist. Vor allem die hohen Energiekosten belasten die Krankenhäuser. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, droht weiterhin ein kalter Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft und ein Kliniksterben.

Florian Reuther, Direktor des Verbandes der privaten Krankenversicherungen, warnte indessen, die neue Vergütungssystematik dürfe nicht zu einer »Verstaatlichung der Krankenhauslandschaft« führen. Von einer solchen Revolution ist Lauterbachs Reförmchen allerdings weit entfernt.

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