Weniger Arbeitsfetisch

Felix Sassmannshausen über die Sehnsucht nach Lohn ohne Arbeit

Das autoritäre Potenzial in Deutschland ist in weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor hoch – auch unter Arbeiter*innen. Dazu gehört, dass in Krisen nach oben gebuckelt und nach unten getreten wird. Soziale Ängste, Arbeitsbelastung und Stress münden nicht selten in verstärkte Ressentiments gegen vermeintlich Leistungsunwillige, sogenannte »Sozialschmarotzer« oder »Asoziale«. Teil des gegenwärtigen Rechtsrucks ist, dass der Hass auf jene zunimmt, denen die Autoritären ihre verdrängten Sehnsüchte nach Glück und Lohn ohne Arbeit anheften.

Eine aktuelle Studie des Versicherers HDI zur sinkenden Arbeitsbereitschaft in Deutschland zeigt, dass auch gegenteilige, entlastende Reaktionen möglich sind. Es sind gute Neuigkeiten, wenn ein Teil der Beschäftigten sich in geringerem Maße mit ihrem Beruf identifiziert und auf die zunehmende Arbeitsbelastung mit dem Wunsch nach weniger Arbeit und mehr Lohn reagiert, statt dem Arbeitsfetisch zu huldigen. Darin scheint ein utopisches Potenzial jenseits des Zwangs zur Lohnarbeit auf und bietet Anknüpfungspunkte für eine emanzipatorische Politik. Nur an der Bereitschaft, nach der Rente weiterzuarbeiten, könnte man noch feilen.

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