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  • Ironman-WM auf Hawaii

WM-Medaillen für Triathletinnen Anne Haug und Laura Philipp

Beim Hawaii-Sieg der Britin Lucy Charles-Barclay schaffen es erstmals gleich zwei deutsche Frauen aufs WM-Podium

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Anne Haug lief mit der schnellsten Marathonzeit der Geschichte auf Hawaii noch von Platz sieben auf den Silberrang vor.
Anne Haug lief mit der schnellsten Marathonzeit der Geschichte auf Hawaii noch von Platz sieben auf den Silberrang vor.

Anne Haug hielt sich gar nicht länger als nötig unter dem Tor mit der digitalen Zeitanzeige auf. Wo andere nach dem Ironman Hawaii normalerweise entweder direkt hinter der Ziellinie in Kailua-Kona zusammenbrechen oder einfach zurücklaufen, um sich noch einmal den Applaus für eine heroische Leistung abzuholen, ging es für die Powerfrau aus Bayreuth einige Meter weiter vorwärts: Nachdem die 40-Jährige die Arme in die Höhe gereckt und die Sonnenbrille auf die Kappe gesteckt hatte, fiel sie sogleich der Siegerin Lucy Charles-Barclay in die Arme. Die Deutsche wollte der Britin, die nach ihrem ausgestandenen Ermüdungsbruch im Fuß gleich noch den Streckenrekord (8:24:31 Stunden) kassiert hatte, für einen lange ersehnten Triumph sofort gratulieren. »Ich bin einfach überglücklich. Lucy hat es so was von verdient – ich freue mich riesig für sie«, sagte Haug der ARD.

Mit so viel Sportsgeist eroberte die Zweitplatzierte Haug (8:27:33) die Herzen, zumal es auf dem Podium ohnehin nur strahlende Triathletinnen gab. Denn mit Laura Philipp als Dritte (8:32:55) kam erstmals bei dieser mythenbehafteten Ausdauerprüfung ein deutsches Doppelpodest bei den Frauen zustande. »Es ist etwas ganz Besonderes, mit Anne und Lucy das Podium zu teilen. Den Kranz und die Medaille werde ich jetzt wohl den ganzen Tag tragen«, verriet die 36-Jährige ihren Plan, die traditionellen Belohnungen für die Besten in Hawaii nicht mehr ablegen zu wollen.

Auch ihre Bravourleistung verdiente nach einer Achterbahnfahrt unter den gewohnt schweren Bedingungen in der Gluthitze von Hawaii durchaus Beachtung. »Ich musste echt sehr kämpfen. Es ist einfach richtig toll und belohnt mich für die ganze Arbeit«, bekundete die überglückliche Heidelbergerin, die sich die innige Umarmung von ihrem Trainer und Ehemann Philipp Seipp vor allem wegen ihrer mutigen Attacke auf dem Rad nach einem suboptimalen Schwimmen mehr als verdient hatte. Erst auf den letzten Marathon-Kilometern überholte sie schließlich die US-Weltmeisterin über die Halbdistanz, Taylor Knibb, und sicherte sich Bronze.

Anne Haug hatte einmal mehr bis zur dritten Disziplin abgewartet, bevor auch sie die letzten Reserven für ihre fast schon obligatorische Aufholjagd anzuzapfen. Bei den 3,86 Kilometer im Wasser des Pazifiks hielt sie wie geplant den Kontakt zur Spitzengruppe, über die 180,2 Kilometer auf dem Rad in den Lavafeldern ließ sie sich indes nie dazu verleiten, alle Kräfte zu vergeuden. Sie sei nach dem Wendepunkt zwar völlig allein gewesen, »aber vielleicht war das gar nicht so schlecht, so konnte ich einfach mein Tempo fahren«. Zudem achtete Haug penibel auf ihre Verpflegung: »So habe ich Energie gehabt für einen schnellen Marathon hinten raus.« Tatsächlich lief Haug die 42,195 Kilometer so flott wie noch keine andere Athletin an diesem Sehnsuchtsort.

Zum fünften Mal landete die Hawaii-Siegerin von 2019 somit unter den Top Drei der Ironman-WM. »So ist mein Medaillensatz komplett. Und es ist ein mega Ergebnis fürs deutsche Triathlon.« Dass sie wie die schon als ewige Zweite verspottete Charles-Barclay vom Luxemburger Spezialisten Dan Lorang trainiert wird, erklärt die innige Verbindung der beiden, auch wenn das Trainingsprogramm natürlich höchst individualisiert abläuft.

Keine Rolle beim zähen Ringen um die stachelige Krone in dem hochkarätigen Feld spielte die fünfmalige Titelträgerin Daniela Ryf aus der Schweiz, die diesmal auf Rang fünf landete. Eine Lungenentzündung hatte sie im Vorfeld zu viele Trainingskilometer gekostet. Im Gegensatz zu ihrem Sieg in Roth bei der Konkurrenzserie Challenge fand die bisherige Streckenrekordhalterin nie in ihren Rhythmus. »Es war ein Krampf«, erläuterte die 36-Jährige, die wohl ihren Abschied auf Big Island gegeben hat. »Ich glaube, das war mein letztes Hawaii.« Sie findet es zwar reizvoll, es noch im nächsten Jahr bei der WM in Nizza erneut zu versuchen, aber an diesem besonderen Ort habe sie ihr Limit ausgereizt.

Seit diesem Jahr hat der WM-Veranstalter, die World Triathlon Corporation (WTC), den Saisonhöhepunkt für Männer und Frauen zeitlich wie räumlich voneinander getrennt, um noch mehr Startgelder aus den Altersklassenbereichen abzuschöpfen. Eine Entscheidung, die in der Szene kontrovers diskutiert wird. Vor einem Monat hatte der Hesse Patrick Lange hinter dem Franzosen Sam Laidlow Silber bei der Männer-Weltmeisterschaft geholt.

Dass Lange, Haug und Philipp insgesamt drei WM-Medaillen abgegriffen haben, demonstrierte einmal mehr, welches Kämpferherz deutsche Routiniers bei diesem wichtigsten Langdistanz-Rennen entwickeln. Der Faktor Erfahrung spielt speziell auf Hawaii eine erhebliche Rolle. Das bis mindestens 2026 beschlossene Wechselspiel mit dem Alternativschauplatz in Südfrankreich bedeutet jedoch, dass 2024 dann allein die »Eisenmänner« im Triathlon-Mekka antreten. Dann muss auch nicht mehr im Hintergrund darüber debattiert werden, ob es trotz des eingetragenen Markennamens diesmal nicht besser »Ironwoman« geheißen hätte.

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