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Wale tragen Algen als Kopfschmuck

Spielerische Verhaltensweisen sind unter verschiedenen Walarten verbreitet, aber bisher kaum dokumentiert

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 4 Min.
Ein Grauwal hat seinen Kopf in Seetang eingehüllt.
Ein Grauwal hat seinen Kopf in Seetang eingehüllt.

Wale setzen sich Seetang spielerisch als »Hut« auf oder verwenden ihn zum Peeling, wenn es mal juckt. Der Walforscher Olaf Meynecke, der an der Griffith University in Australien tätig ist, hat in einer neuen Forschungsarbeit teils bizarre Verhaltensweisen von Walen dokumentiert.

»Wir haben in den sozialen Medien über 100 Beispiele von Walen gesammelt, die mit Algen spielen«, berichtete der Wissenschaftler. Das spielerische Verhalten, das in Australien als »Kelping« bekannt ist, ist nicht die Eigenart einer bestimmten Spezies. Im Gegenteil: Sämtliche Walarten – von Grauwalen bis hin zu Buckelwalen – scheinen eine Vorliebe für das »Grünzeug« im Meer zu haben, das für sie ganz offensichtlich zum Lieblingsspielzeug geworden ist.

Hilla Kella, Forschungsassistentin an der Griffith University, die geholfen hat, eine Datenbank mit »Kelping«-Fotos und -Videos aufzubauen, sagte, sie hatte zuvor »noch nie etwas von diesem Verhalten der Wale gehört«. Doch als sie mit der Arbeit begonnen habe, sei sie »sehr erstaunt« gewesen, wie viele dieser Ereignisse bereits auf sozialen Medien gepostet wurden. Wale seien mit Hüten aus Algen zu sehen gewesen oder dabei fotografiert worden, wie sie »die Algen mit ihren Flossen aus dem Wasser werfen«.

Obwohl sich etliche Beispiele des verspielten und in Teilen recht bizarren Verhaltens der Wale in sozialen Medien finden lassen, so ist »Kelping« bisher kaum in der wissenschaftlichen Literatur behandelt worden. Vor Meynecke hat es nur eine weitere australische Studie aus dem Jahr 2011 erwähnt und die Interaktionen dabei rein als spielerisches Verhalten beschrieben.

Gegen Juckreiz und Bakterien

Meynecke hat aus seinen gesammelten Daten jedoch deutlich mehr Aspekte abgeleitet. Zum einen hält auch er das Verhalten für spielerisch, zum anderen hat es seiner Meinung nach aber auch mehrere nützliche Komponenten. Beispielsweise würden die Wale die Algen zum Reiben verwenden, wenn sie einen Juckreiz verspüren. Einige Algenarten reduzieren zudem das Bakterienwachstum. Letzteres kann für Wale nützlich sein, da ihre Haut eine Reihe von Viren und Bakterien beherbergt. Wale müssen sich ständig häuten, um das Bakterienwachstum im Zaum zu halten.

Die Algen könnten den Walen aber auch dabei helfen, sich von unerwünschten Gästen zu befreien, etwa von Seepocken und Seeläusen im frühen Lebensstadium. Die Läuse sind Parasiten, »die die Wale in den Wahnsinn treiben«, wie Meynecke es beschrieb. »Da Wale so groß sind, lassen sich viele Arten von Wirbellosen von ihnen mitnehmen oder verbringen ihr gesamtes Leben auf den Säugern – oft zum Ärger der Wale«, sagte der Forscher. Er berichtete, wie sich Grauwale vor der Küste Mexikos wiederholt an Menschen gewandt hätten, um Hilfe gegen die juckenden Seeläuse zu erhalten, die eher mit Garnelen oder kleinen Krabben als mit Läusen verwandt sind. Ähnliches Verhalten wurde dabei auch schon bei anderen Meeressäugern beobachtet. Beispielsweise reiben sich Delfine im Roten Meer an Schwämmen und Weichkorallen – vermutlich um Hauterkrankungen zu lindern. Auch Grüne Meeresschildkröten nutzen Korallen und Steine, um ihre Panzer zu reinigen.

Bis zu einer Stunde beschäftigt

Der Kelp, mit dem die Wale so gerne spielen, ist eine sehr starke Alge und eignet sich ausgezeichnet zum Toben wie auch zum Peeling. Bisher wurde das Spiel mit Seetang in Australien, den USA und Kanada dokumentiert. Dies liegt wahrscheinlich aber nur daran, dass sich in diesen Regionen mehr Menschen aufhalten, die Wale beobachten und Social-Media-Plattformen nutzen, um ihre Beobachtungen zu teilen.

Obwohl die meisten Aufnahmen aus dem Netz stammen, ist es auch Meynecke selbst gelungen, per Drohne mehrere Beispiele für das Verhalten zu dokumentieren und zu untersuchen. »In mehreren Drohnenvideos konnten wir Buckelwale beobachten, die aktiv nach Algen suchten«, berichtete er. Diese Interaktionen seien nicht nur flüchtig gewesen. »Wale können ausdauernd mit dem Seetang spielen und sich bis zu einer Stunde lang mit den Algen beschäftigen.«

Laut Meynecke sind die Säuger dabei nicht besitzergreifend. Vielmehr teilen sie ihren Seetang bereitwillig mit anderen Walen. Der deutsche Forscher sieht neben der Unterhaltung und der Schönheitspflege aber noch mehr Vorteile des »Kelpings« für die Wale. Darunter sind die Verbesserung der Koordinations- und Bewegungsfähigkeiten der Wale. Das Balancieren von Algen auf ihrem Kopf könnte laut Meynecke aber auch anregend oder angenehm kitzelig für die Wale sein, da sie auf ihrem Oberkopf über feine Haarfollikel verfügen.

Andere Beobachtungen deuten darauf hin, dass Wale aber insgesamt recht verspielte Lebewesen sind. So haben Forschende Fälle dokumentiert, in denen Wale in Kolumbien Baumstämme durch das Wasser bewegten oder an der Ostküste der USA mit Quallen interagierten. 2021 zeigten Drohnenaufnahmen ein weiteres, seltsames Verhalten: In diesem Fall ging es um das Fressverhalten von Buckelwalen. So wurden die Tiere dabei gefilmt, wie sie Blasen aus der Nase oben auf ihrem Kopf pusteten. Mit den Blasen fingen sie ihre Beute – Fisch oder Krill – quasi ein, indem sie sie in einer Art Kugel zusammentrieben. Auch bei diesem spielerisch anmutenden Verhalten arbeiteten die Wale mit anderen Walen zusammen.

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