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Eric Frenzel ab jetzt Bundestrainer und Olympia-Botschafter

Die deutschen Nordischen Kombinierer loben Eric Frenzel auch als Trainer. Der Sachse soll aber auch als Diplomat nützlich sein

  • Lars Becker
  • Lesedauer: 4 Min.
Bis März wurde Eric Frenzel (M.) noch von Kai Bracht (l.) und Heinz Kuttin gecoacht. Nun bilden sie ein Bundestrainer-Trio.
Bis März wurde Eric Frenzel (M.) noch von Kai Bracht (l.) und Heinz Kuttin gecoacht. Nun bilden sie ein Bundestrainer-Trio.

Eric Frenzel will in den nächsten Wochen sein Englisch »auf Vordermann« bringen, wie er es ausdrückt. Das hat nichts damit zu tun, dass der vom Spitzenathleten direkt zum Bundestrainer aufgestiegene Sachse jetzt die Verantwortung für das gesamte Team der deutschen Nordischen Kombinierer trägt, das an diesem Freitag traditionell in Finnland in den Weltcupwinter startet. Vielmehr will der 34-Jährige einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die olympische Zukunft »seiner« Sportart zu sichern.

»Eric Frenzel ist als Vorbild zu den Olympischen Jugendspielen nach Südkorea eingeladen worden«, verrät Horst Hüttel, Sportdirektor im Deutschen Skiverband (DSV). Dort soll der dreimalige Olympiasieger aber nicht nur junge Talente inspirieren. »Er wird auch Gespräche mit IOC-Sportdirektor Kit McConnell führen, der für die Kommission verantwortlich ist, die über das künftige Programm Olympischer Spiele entscheidet.« Frenzel wird also genau jenen Mann treffen, der pauschal die »mangelnde Attraktivität der Sportart« Nordische Kombination kritisiert hatte. Und als Folge davon nicht nur die erhoffte Aufnahme von Frauen-Wettbewerben ins Programm der Winterspiele 2026 abgeschmettert hatte, sondern auch die Olympiazukunft der Traditionssportart ab 2030 generell in Frage gestellt hatte.

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»Das ist ein großer Kampf, den wir führen müssen«, sagt Frenzel. »Wenn der Stein einmal ins Rollen kommt, könnte es auch für andere traditionelle Sportarten wie Langlauf, Skispringen oder Alpin schwer werden. Wir müssen klarmachen, dass der Wintersport auch in Zeiten des Klimawandels seine Berechtigung hat.« Frenzels Werbetour beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wird als so wichtig erachtet, dass er in seiner Premierensaison als Bundestrainer deshalb sogar den Heimweltcup im Januar in Schonach verpassen soll. »Eric wird trotz seiner Traineraufgabe nach Südkorea fliegen. Da geht es um die olympische Zukunft der Nordischen Kombination!«, stellt Hüttel klar.

Mit dieser Zusatzaufgabe im Gepäck geht Frenzel die neueste Herausforderung in seinem filmreifen Kombinierer-Leben an. Anfang März hatte er in Planica noch einmal Team-Silber bei der WM gewonnen und sich mit seiner 18. Medaille zum erfolgreichsten männlichen Wintersportler aller Zeiten bei Nordischen Weltmeisterschaften gekrönt. Nach 15 Jahren in der Weltspitze folgte für den Vater von drei Kindern, der schon mit 18 zum ersten Mal Papa geworden war, dann die direkte Beförderung als Nachfolger der Trainerlegende Hermann Weinbuch.

Nachdem auch Frenzels Ehefrau Laura ihr Okay gegeben hat, ist er plötzlich Chef seiner ähnlich erfolgreichen früheren Teamkollegen Johannes Rydzek, Vinzenz Geiger, Julian Schmid und Co. Und diesen fliegenden Wechsel seit März 2023 hat er offenbar bislang perfekt hinbekommen: »Eric war schon immer der Anführer im Team. Es läuft richtig gut«, sagt Olympiasieger Geiger. Der gleichen Meinung scheint auch der neue Bundestrainer Frenzel selbst zu sein und lobt die offene Kommunikation mit dem Team: »Das gegenseitige Belauern zwischen uns ist weg. Es gab einfach immer eine sportliche Rivalität, das ist ganz natürlich. Ich bin dankbar, wenn die Jungs mir jetzt offen ihre Meinung sagen. Ich bin keiner, der vor ihnen steht und sagt: Jetzt läuft alles nach meiner Pfeife.«

Frenzel muss sich in seiner neuen Position auch mit neuen Herausforderungen wie dem Compact-Wettkampformat auseinandersetzen, das die laufstärkeren Athleten bevorzugt und an diesem Auftakt-Weltcupwochenende in Ruka erstmals ausgetragen werden soll. Alles im Bemühen, die Sportart fit für eine nachhaltige Olympiazukunft zu machen. »Mit drei unterschiedlichen Wettbewerben an einem Wochenende kann man die Zuschauer hoffentlich noch anders fesseln«, sagt der neue Chefcoach. Er weiß, dass die Fortsetzung seines bis zu den Spielen in Italien 2026 abgeschlossenen Vertrages auch davon abhängt, ob seine Rettungsmission erfolgreich verläuft: »Nach Olympia 2026 könnte man wegen der Situation in der Nordischen Kombination schneller arbeitslos sein, als man sich das wünscht.« Noch ein Grund mehr, fleißig Englisch zu lernen.

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