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Echte Tournee wohl nicht vor 2026 für die Skispringerinnen

Die Two-Nights-Tour war kein Publikumsmagnet. Doch für das Springen von den vier Schanzen der Männer-Tournee fehlen immer noch tragfähige Konzepte

  • Lars Becker, Garmisch-Partenkirchen
  • Lesedauer: 4 Min.
In Garmisch-Partenkirchen blieb wie in Oberstdorf bei den Springen der Frauen viel Platz an den Schanzen.
In Garmisch-Partenkirchen blieb wie in Oberstdorf bei den Springen der Frauen viel Platz an den Schanzen.

TNT – die Abkürzung der neuen Two-Nights-Tour der Skispringerinnen versprach Sprengkraft. Doch die Premiere in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf, die den Weg zu einer Frauen-Vierschanzentournee ebnen sollte, hat die Erwartungen bestenfalls halbwegs erfüllt. Und das lag nicht nur am enttäuschenden Abschneiden des erfolgsverwöhnten deutschen Teams, für das Rekord-Weltmeisterin Katharina Schmid als beste Fliegerin nur auf Platz 13 in der Gesamtwertung landete.

»Es war nicht alles schlecht, aber wir haben sportlich einen höheren Anspruch. Eine deutsche Skisprung-Nationalmannschaft sollte sich weiter vorn positionieren«, kommentierte Horst Hüttel. Organisatorisch sei die Premiere gelungen, so der Weltcup-Sportdirektor: »Im TV-Ranking hat das Springen in Garmisch-Partenkirchen Platz vier in der ARD belegt. Die Leute da draußen haben teilgenommen an diesem Format.«

Das mag für die Skisprungfans im warmen Wohnzimmer richtig sein, an den Schanzen blieben die Zuschauerzahlen allerdings deutlich unter den Erwartungen. Nachdem in Garmisch-Partenkirchen 3500 Zuschauer den zehnten Platz von Luisa Görlich als beste deutsche Einzel-Platzierung dieser Minitournee miterlebt hatten, kamen am Neujahrstag nur 3000 Fans an den Bakken von Oberstdorf. Der Deutsche Skiverband (DSV) hatte auch mit Blick auf die niedrigen Eintrittspreise und einen 50-Prozent-Rabatt für ein Kombi-Ticket mit den Vierschanzentournee-Tickets der Männer mit mindestens doppelt so vielen Besuchern gerechnet.

Zum Vergleich: Bei den beiden Männer-Springen der Vierschanzentournee an gleicher Stelle kamen insgesamt 46 500 Zuschauer in die ausverkauften Arenen. Auch beim Preisgeld hinken die Frauen weiterhin deutlich hinterher: Während TNT-Gesamtsiegerin Nika Prevc aus Slowenien 10 000 Euro kassierte, warten auf den Tournee-Gesamtsieger der Männer mehr als das Zehnfache dessen plus die begehrte Trophäe des Goldenen Adlers.

Womit ein Hauptproblem für die erhoffte Einführung der Frauen-Vierschanzentournee benannt wäre: das Thema Geld. »Während bei der Männer-Tournee die Vermarkter, die Skiverbände ÖSV und DSV und die Veranstalterorte in Österreich und Deutschland richtig Geld verdienen, sind die Frauen-Weltcups meist noch ein Zuschussgeschäft«, erklärt die deutsche Skisprunglegende Martin Schmitt, selbst Inhaber einer Vermarktungsagentur. Grob überschlagen betragen die Einnahmen bei einem Frauen-Event höchstens ein Zehntel von dem der Männer. Alle Beteiligten müssten also für die Frauen-Vierschanzentournee finanzielle Zugeständnisse machen.

Trotzdem existiert ein Schreiben der vier Veranstalterorte, in der grundsätzlich die Bereitschaft für eine Durchführung der Frauen-Vierschanzentournee erklärt wird. »Mit der Two-Nights-Tour haben wir den Stein erst mal ins Rollen gebracht. In der Nachbetrachtung werden wir genau evaluieren, wie die Bilanz sportlich, medientechnisch und finanziell ausschaut«, so Horst Hüttel. Danach werde man eine klare deutsche Position formulieren und das mit den Kollegen aus dem Nachbarland besprechen.

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) hatte die Durchführung einer Frauen-Vierschanzentournee in diesem Winter blockiert, statt an den Männer-Tourneeorten Innsbruck und Bischofshofen springen die Frauen an diesem Mittwoch und am Donnerstag zweimal auf der Kleinschanze von Villach. Diese Entscheidung hat allerdings eine Vorgeschichte, denn vor drei Jahren hatte sich der DSV gegen die Einführung einer Frauen-Vierschanzentournee gestellt. Jetzt gibt Deutschland den Vorreiter für die »Schanzengleichheit«, allerdings wurden die beiden Springen der Two-Nights-Tour in umgekehrter Reihenfolge zu denen der Männer-Tournee gesprungen.

»Für den ÖSV kommt nur infrage, die Frauen-Tournee aus logistischen Gründen und wegen der TV-Übertragungen parallel zur Männer-Tournee stattfinden zu lassen. Wir wollen ein Produkt kreieren, das genau wie die Tournee der Männer 70 Jahre und mehr Bestand hat«, erklärte Mario Stecher als Sportlicher Skisprung-Leiter des ÖSV dieser Tage. Bedingung dafür sei allerdings Flutlicht an der Bergisel-Schanze von Innsbruck, der letzten der vier Männer-Tournee-Schanzen, an der noch künstliches Licht fehlt.

»Diesbezüglich sieht es so aus, dass wir das 2026 über die Bühne bringen können«, sagt Stecher. Es droht also erneut eine längere Wartezeit für die Gleichberechtigung in der Luft – ganz sicher eine Entscheidung mit Sprengkraft für die kämpferische Szene der fliegenden Frauen.

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