Frontex für »geschlechtersensible Grenzen«

Neuer Direktor organisiert Runden Tisch zu »Frauen im Grenzmanagement«

Hans Leijtens beim Runden Tisch am 8. März in Warschau.
Hans Leijtens beim Runden Tisch am 8. März in Warschau.

»Bei Frontex setzen wir uns für geschlechtergerechte und geschlechtersensible Grenzen ein«, hatte Hans Leijtens, der neue Direktor der EU-Grenzagentur, am 8. März in einer Rede anlässlich des Internationalen Frauentags erklärt. An diesem Datum hatte Frontex erstmals einen Runden Tisch zum Thema »Frauen im Grenzmanagement« am Hauptquartier in Warschau organisiert.

Man wolle »die an den Grenzen arbeitenden Frauen besonders würdigen« und ermutigen, Führungspositionen anzustreben, beschrieb die Agentur die Ziele des Treffens. Zu den Rednerinnen gehörten neben dem Gastgeber Leijtens die EU-Agentur für Gleichstellungsfragen, Vertreterinnen der belgischen Ratspräsidentschaft sowie die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. »Führung hat kein Geschlecht«, seien sich die Vortragenden nach ihren Ansprachen einig gewesen.

Was es mit dem Gender-Grenzkonzept auf sich hat, erläutert Frontex auf Anfrage des »nd«. Im Mittelpunkt stehen demnach Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der »Ständigen Reserve«, einer neuen Grenztruppe mit 10 000 Beamtinnen und Beamten unter direktem Kommando des Frontex-Hauptquartiers in Warschau. Für mehr Gleichberechtigung sollen Mentorenprogramme für jene Frauen sorgen, die Führungspositionen im Bereich des »Grenzmanagements« anstreben. »Gemischte Teams sind bei unseren Grenzschutzoperationen effektiver«, heißt es zur Begründung.

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Auch an EU-Außengrenzen ankommende Geflüchtete sollen von Geschlechtergerechtigkeit profitieren. Die Agentur setze sich dafür ein, »dass unsere Grenzverwaltungsprozesse inklusiv sind«, sagte ein Sprecher »nd«, und wolle deshalb »den gesamten Registrierungs- und Grenzübertrittsprozess frauenfreundlicher gestalten«.

Grenzüberwachung und -kontrollen liegen in der Hoheit der EU-Mitgliedstaaten. Frontex fordert deshalb die Regierungen auf, für »Frauen und Kinder, die auf ihre Abfertigung warten«, besondere Einrichtungen zu schaffen. Für die Umsetzung sollen die Staaten und Frontex auch mit UN-Einrichtungen wie der Internationalen Organisation für Migration sowie dem Hochkommissariat für Flüchtlinge zusammenarbeiten.

»Das Konzept, die Grenzsicherung geschlechtsneutral machen zu wollen, führt zu einer Depolitisierung«, kritisiert die Politikwissenschaftlerin Julia Sachseder von der Zentraleuropäischen Universität Wien. Zwar gebe es geschlechtsspezifische Gewalt an den Außengrenzen, Frontex blende aber strukturelle Gewaltverhältnisse aus. »Sicherheit für die EU bedeutet Unsicherheit für Geflüchtete, und das trifft in erster Linie Frauen«, meint Sachseder, die mit anderen Forscherinnen zu dem Thema auch publiziert hat. Deshalb seien geschlechtsspezifische Ungleichheiten auch in Frontex eingeschrieben. Daran ändere sich auch nichts, nur wenn mehr Frauen bei Frontex arbeiten. »Wenn Frontex Diversität groß schreibt und trotzdem die Grenzen weiter aufrüstet, werden gewalttätige Grenzpraktiken zementiert.«

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