- Politik
- Tschechien
Tschechisches Hochwasser fordert Todesopfer
Hochwasserlage in Tschechien bleibt angespannt
Auch am dritten Tag der landesweiten Überschwemmungen gibt es noch keine deutlichen Signale, dass das Wasser abfließen könnte. Viele Städte und Gemeinden erwarten den Scheitelpunkt der Fluten erst noch. Und in vielen anderen mussten bereits mehr als 100 000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen, um in Notunterkünften Sicherheit zu finden.
Die Rettungskräfte von Feuerwehr, Polizei und auch der Armee sind pausenlos im Einsatz, alle verfügbaren Hubschrauber suchen nach in Not geratenen Menschen, um sie teils von den Dächern ihrer Häuser zu retten. Eine Frau im Kreis Bruntál konnte nur noch tot geborgen werden. Von den drei Insassen eines Autos, das bei Jesenik in die Fluten geraten ist, fehlt weiter jede Spur. Das Fahrzeug konnte von der Feuerwehr inzwischen geborgen werden.
Sorge in Südmähren
Vor allem der mährisch-schlesische Bereich um die Städte Opava, Ostrava bis nach Olomouc sind schwer betroffen. Die Stadt Litovel ist zu 80 Prozent von Wasser bedeckt, alle Zugangsstraßen sind überschwemmt. Sieben Zehntel der Stadt sind ohne Elektrizität und Fernwärmeversorgung, auch die Mobilfunknetze sind teilweise ausgefallen. In diesem Bereich hat die Morava nahezu die Pegelstände der Hochwasser von 1997 und 2002 erreicht, allerdings warten Bewohner und Sicherheitskräfte noch auf den Höhepunkt der Fluten.
In der gesamten Region sind seit vergangenem Mittwoch etwa 500 Liter Wasser auf den Quadratmeter gefallen, im Riesengebirge und im Isergebirge waren es 400 bzw. 300 Liter. Auch in den flussabwärts gelegenen Städten wie Olomouc und Brno steigen die Pegel weiter an. Während die Flüsse Opava und Oder nördlich nach Polen abfließen, strömen die Fluten von Sazava und Morava in den Süden des Landes. Der Grenzübergang zur Slowakei bei Lanžhot musste geschlossen werden. Dort im Grenzland zu Niederösterreich und der Slowakei werden die Scheitelpunkte in der Nacht zum Dienstag erwartet. Die teilweise bereits überfluteten Gebiete werden noch mehr Wasser zu bewältigen haben, das schließlich in die Donau abfließen wird. Dementsprechend werden dann die Anrainer von Österreich bis ins Donaudelta in Rumänien mit dem Hochwasser zu kämpfen haben.
Scheitel an der Elbe erwartet
Laut Monitoring des Tschechischen Hydrologischen und Meteorologischen Dienstes sind derzeit fast drei Viertel des Landes von der Naturkatastrophe betroffen. Allerdings ist von vielen Seiten zu hören, dass sowohl Zivilschutz als auch die Rettungsdienste schnell einsatzbereit waren und viele Präventivmaßnahmen Schäden größeren Ausmaßes verhindert haben. Auch wird die hohe Hilfsbereitschaft der Bevölkerung untereinander in den öffentlichen und sozialen Medien gewürdigt.
Gegenüber den verheerenden Folgen, die das Hochwasser 2002 in der tschechischen Hauptstadt angerichtet hatte, zeigte sich Prag diesmal vorbereitet. Entlang der Moldau wurden an prekären Stellen Hochwasserschutzwände errichtet. Nur einige Metrostationen meldeten Wassereinbruch, hier wurde der Verkehr am Wochenende vorübergehend unterbrochen. In einigen flussabwärts gelegenen Stadtteilen fiel zeitweise der Strom aus. Das aus Südböhmen kommende Wasser fließt jetzt zum Zusammenfluss von Moldau und Elbe.
In der gesamten Region sind seit vergangenem Mittwoch etwa 500 Liter Wasser auf den Quadratmeter gefallen.
Dort in Mělník wird der Scheitelpunkt in der Nacht zum Dienstag erwartet. Dann wird sich entscheiden, welche Wassermassen zur Wochenmitte das sächsische Dresden erreichen. Auf der tschechischen Grenzseite hat man sich in den Bereichen Litoměřice und Děčín schon auf die Flutwelle vorbereitet.
Ob die Maßnahmen jedoch ausreichen, werden die kommenden 48 Stunden zeigen. Wegen der anhaltenden Regenfälle mussten aus einigen Staubecken bereits Wassermengen abgelassen werden, die den Pegel der Elbe zusätzlich belasteten. Für den Montagabend hat Premier Petr Fiala eine Krisensitzung der Regierung einberufen. Es wird erwartet, dass die Minister für Umwelt und Landwirtschaft, Petr Hladik und Marek Výborný, die sich vor Ort ein Bild von der Hochwassersituation verschafft hatten, Bericht erstatten und Vorschläge für einen Soforthilfekatalog unterbreiten.
Bewohner sollen zu Hause bleiben
Die Bevölkerung wurde von den Regierungsstellen bereits aufgefordert, zu Hause zu bleiben und nur notwendige Wege außerhalb des Wohnbereichs zu unternehmen. Wer aufgrund der Sicherung des eigenen Hauses oder der aktuellen Verkehrslage seinen Arbeitsplatz nicht erreichen konnte, kann für die Ausfallzeit unbezahlten Urlaub nehmen, hieß es in Verlautbarungen.
Wenngleich in einigen Hochwassergebieten die Pegel leicht abgesunken sind, ist eine Entwarnung der Menschen noch nicht abzusehen: Erst ab Wochenmitte wird mit leichter Wetterberuhigung gerechnet, für die nächste Woche könnte den Meteorologen zufolge aber erneut Regen anstehen.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!