Investieren statt kürzen

Ökonomen warnen vor Weiter-so und Einsparungen bei Löhnen und Sozialem

Allein um die öffentliche Infrastruktur zu erhalten und zu modernisieren, werden rund 60 Milliarden Euro jährlich benötigt.
Allein um die öffentliche Infrastruktur zu erhalten und zu modernisieren, werden rund 60 Milliarden Euro jährlich benötigt.

»In Deutschland darf es kein Weiter-so wie bisher geben.« Mit diesen mahnenden Worten fasste Sebastian Dullien die wirtschaftspolitischen Herausforderungen für die kommende Bundesregierung zusammen. Der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) stellte am Mittwoch die Prognose für das Jahr 2025 vor. Demnach rechnen sie trotz eines eigentlich soliden wirtschaftlichen Fundaments lediglich mit einem Wachstum von nur 0,1 Prozent. Damit setzt sich die Stagnation der vergangenen zwei Jahre fort.

Vor allem geopolitische Spannungen, insbesondere der Machtkampf zwischen China und den USA, sorgten derzeit für Probleme. Eine aggressive Industriepolitik sowie Einfuhrbeschränkungen führten dazu, dass die beiden für hiesige Unternehmen so wichtige Märkte wegzubrechen drohen. »Für die deutsche Automobilindustrie wird es sehr schwer, den chinesischen Markt zu erhalten«, prognostiziert Dullien. Die kommende Trump-Präsidentschaft könnte die Probleme weiter verschärfen.

Um gegenzusteuern, fordern die Ökonom*innen vom IMK eine grundlegende Kehrtwende in der Wirtschafts- und Fiskalpolitik, etwa durch öffentliche Investitionen und eine koordinierte Industriepolitik. »Die dringlichste Maßnahme ist eine Stärkung der Binnennachfrage durch staatliche Investitionen in die Erneuerung und Modernisierung der Infrastruktur«, heißt es im Bericht. Darunter fallen etwa Schienen, Straßen, Netzwerkkabel, Stromnetze und Bildungseinrichtungen. Nötig seien dafür jährlich rund 60 Milliarden Euro, die über eine Reform der Schuldenbremse finanziert werden müssten.

Dass hohe Lohnkosten, Krankenstände oder überbordende Sozialausgaben das Wachstum ausbremsten, wie derzeit durch arbeitgebernahe Ökonomen und Verbände vorgebracht wird, weist Dullien zurück. »Der Sozialstaat oder zu hohe Löhne sind nicht für das Abknicken des Wachstums verantwortlich.« Er warnte vielmehr vor einer »Agenda 2010 in neuer Verpackung«. Dadurch würde die Aufmerksamkeit von echten Problemen abgelenkt »und die Nachfrage abgeschwächt.«

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