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Vier-Sterne-Airport BER macht Verlust
Flughafen erwirtschaftet 152 Millionen Euro Gewinn im laufenden Geschäft, doch wegen der Schuldenlast bleibt ein Fehlbetrag
Im vergangenen Jahr verzeichnete der Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld 22,5 Millionen Passagiere – immerhin 10,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Flughafengesellschaft FBB steigerte ihren Umsatz um 163,7 Millionen Euro auf 645,7 Millionen. Sie machte auch 152,3 Millionen Euro Gewinn, allerdings nur im laufenden Geschäft.
Denn der ab 2006 gebaute Airport sollte ursprünglich nur zwei Milliarden Euro kosten und 2011 eröffnet werden. Doch die Fertigstellung verzögerte sich durch eine Pannenserie bis Oktober 2020 und das Projekt verschlang mehr als sieben Milliarden Euro. Die Kredite müssen abgezahlt werden. Mit rund zwei Milliarden Euro ist die FBB bei Banken verschuldet. Von ihren drei Gesellschaftern – dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg – hat sie Darlehen in Höhe von insgesamt 1,36 Milliarden Euro erhalten. Darüber hinaus sind in der Bilanz Abschreibungen auf älter werdende Gebäude und Anlagen vorzunehmen. Dies eingerechnet ergibt sich für 2024 ein Fehlbetrag von 134,4 Millionen Euro, der aber immerhin auf 78,4 Millionen Euro reduziert werden konnte.
»Wir machen noch Verluste«, erläutert Flughafenchefin Aletta von Massenbach am Donnerstag bei einem Pressetermin im Berliner Haus der Luftfahrt. Dabei betont sie aber: »Wir konnten die Verluste stärker reduzieren, als wir gedacht hatten.« Immerhin ist die FBB nicht mehr auf Bürgschaften des Bundes und der Länder angewiesen, wenn sie nun alte Kredite im Umfang von 1,3 Milliarden Euro durch neue Kredite ersetzen muss. Ab 2026 soll der Flughafen finanziell auf eigenen Füßen stehen.
Für das laufende Jahr erwartet von Massenbach ein Plus bei den Passagierzahlen von vier Prozent. Eingepreist sei dabei bereits, dass die irische Billigfluggesellschaft Ryanair ihre Starts und Landungen in Schönefeld reduziert hat, um Deutschland zu einer Senkung der als zu hoch empfundenen Luftverkehrssteuer zu zwingen. Nun müssen andere kommen und bei der Stange bleiben, um das aufzufangen. Die deutsche Fluggesellschaft Condor beispielsweise bringt inzwischen ab Schönefeld Urlauber nach Dubai, nach Gran Canaria und in das am Roten Meer gelegene ägyptische Hurghada. Die kanadische Gesellschaft Air Transat ist am 20. Juni erstmals am BER gelandet und bietet nun eine Langstreckenverbindung nach Toronto an.
- Vom BER aus steuern 70 Fluggesellschaften zusammen 150 Ziele in 50 Staaten an.
- Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete der BER 12,1 Millionen Passagiere sowie 92 500 Starts und Landungen.
- Transportiert wurden von Januar bis Juni 24,1 Kilotonnen Fracht – zu 70 Prozent zugeladen in Passagiermaschinen und zu 30 Prozent in Frachtflugzeugen.
- Bis Mitte vergangenen Jahres mussten gelandete Passagiere viel zu oft sehr lange auf ihr Gepäck warten. Doch die Quote der Fälle, in denen sich die Gepäckausgabe um 30 bis 60 Minuten verzögerte, konnte von neun auf zwei Prozent gesenkt werden.
- Durch die laufende Ersetzung alter Röntgenscanner durch moderne CT-Technik schafft es mitterweile ein Großteil der Passagiere in weniger als zehn Minuten durch die Sicherheitskontrollen. af
Ryanair war bislang die Nummer eins am BER, hat aber mit der Reduzierung der Sitzplatzkapazitäten um 17,6 Prozent beziehungsweise um rund 330 000 Sitzplätze die Spitzenposition an die britische Firma Easyjet abgegeben, obwohl diese auch zwei Prozent kürzte. Das alles hat von Massenbach auf dem Schirm. Ein Unsicherheitsfaktor ist jedoch Israel. Was die Luftangriffe auf den Iran betrifft, herrscht vorerst Feuerpause. Doch der Krieg im Gazastreifen geht unvermindert weiter. Eingestellte Flugverbindungen nach Tel Aviv werden gerade erst wieder eingerichtet. Es bleibt abzuwarten, was daraus wird und was insgesamt in der Welt geschieht.
Warum es mit der 2011 in Deutschland eingeführten Luftverkehrssteuer so nicht weitergehen könne, erläutert von Massenbach an drei Beispielen. Bei einem Flug ab Berlin nach Palma de Mallorca werden pro Sitzplatz 15,53 Euro Steuer fällig. Die Luftsicherheitsabgabe und das Flughafenentgelt dazugerechnet seien für eine am BER nach Palma de Mallorca startende Maschine mit 150 Passagieren 7622 Euro zu entrichten, ab Flughafen Mailand dagegen nur 4701 Euro. Allein an Steuern seien es am BER 2330 Euro und in Mailand bloß 372 Euro. Mit so einer Differenz seien die deutschen Flughäfen nicht konkurrenzfähig. Denn die Fluggesellschaften setzen ihre Maschinen bevorzugt da ein, wo sie am meisten Profit erwirtschaften. Hohe Steuern könnten aber nicht komplett auf die Ticketpreise umgelegt werden. Für einen Flug nach Dubai betrage die deutsche Luftverkehrssteuer 39,34 Euro pro Sitzplatz, für einen nach New York 70,83 Euro. Die Kostenbelastung müsste halbiert werden, fordert von Massenbach.
Was das am BER geltende Nachtflugverbot betrifft, äußert die Airportchefin Verständnis für den Unmut von Fluggesellschaften wie Ryanair. Sie wollen, um ihre Maschinen optimal auszulasten, die Möglichkeiten ausreizen und auch noch landen dürfen, wenn sie sich wegen Gegenwinds oder anderer Unbilden des Wetters verspäten. Es gehe ja gar nicht darum, dass Ryanair die ganze Nacht hindurch starten und landen wolle, beteuert von Massenbach. Ob nun aber die FBB eine Aufweichung des Nachtflugverbots beantragen will, was eine Hiobsbotschaft für die Anwohner wäre? Da sei man »noch nicht am Ende der Überlegungen«, sagt von Massenbach.
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Am Ziel eines spätestens 2045 CO2-neutralen Airports hält die Managerin fest, auch wenn Nachhaltigkeit im Moment nicht mehr »Mode« sei. »Das interessiert uns aber nicht. Wir bleiben da dran.« Es sind bisher schon Solaranlagen auf den Dächern von drei Parkhäusern installiert und 11 000 Lampen durch energiesparende LED-Beleuchtung ausgetauscht worden.
Stolz ist die Flughafenchefin, dass der BER von der Unternehmensberatung Skytrax vier Sterne erhalten hat. Es sei wie bei Hotels: »Fünf Sterne sind selten.« Auch wurde der BER als der Flughafen ausgezeichnet, der sich am meisten verbessert habe. Nun könne man sagen, ein vorher schlechter Airport könne sich von seinem niedrigen Niveau leicht hocharbeiten, das ist von Massenbach durchaus bewusst. Sie sieht es aber so, dass der BER Probleme schnell gelöst habe. So gab es in einem von zehn Fällen Verzögerungen bei der Gepäckausgabe. Die Wartezeiten seien jetzt auf ein normales und annehmbares Maß zurückgeführt.
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