Camp für Abrüstung untersagt: Unfriedliche Kriegsgegner?

Die Polizei Köln hat ein antimilitaristisches Camp verboten. Die Veranstalter wehren sich dagegen

Rheinmetall-Chef Armin Papperger (2. v. l.) ist so etwas wie ein Schatten-Staatssekretär von Militärminister Boris Pistorius. Kriegsgegner wollen ihm Ende August einen Besuch abstatten.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger (2. v. l.) ist so etwas wie ein Schatten-Staatssekretär von Militärminister Boris Pistorius. Kriegsgegner wollen ihm Ende August einen Besuch abstatten.

Die Begründung der Polizei für das Verbot des in Köln angemeldeten antimilitaristischen Camps »Rheinmetall Entwaffnen« hat Unterhaltungswert. In der Verfügung, die der gleichnamigen Initiative am Dienstagabend zuging, heißt es, man müsse davon ausgehen, dass die Ende August geplanten Aktionen der Kriegsgegner »unfriedlich« verlaufen. Ein Indiz dafür: Social-Media-Posts, bei denen der uralte Slogan »Krieg dem Kriege« verwendet wird. So lautet auch der Titel eines vor mehr als 100 Jahren erschienenen Bestsellers des Anarchisten und Pazifisten Ernst Friedrich. Ein berühmtes Gedicht von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1919 trägt ebenfalls diesen Titel.

Für Andi Koch von Rheinmetall Entwaffnen ist die Begründung des Verbots mithin »abstrus«. Gewalt gehe »von der Rüstungsindustrie und vom Militär aus, nicht von uns«, sagte er am Mittwoch im Gespräch mit »nd«. Die Kölner Versammlungsbehörde macht allerdings auch geltend, dass vom Rheinmetall-Entwaffnen-Camp in den vergangenen Jahren Gewalt ausgegangen sei, insbesondere von jenem in Kiel im vergangenen Jahr. Koch betont demgegenüber, die »Eskalation« sei klar von der Polizei ausgegangen.

Die Kölner Polizei wollte sich gegenüber »nd« unter Verweis auf den laufenden »verwaltungsrechtlichen Vorgang« nicht äußern. Ein Sprecher bestätigte zugleich, dass gegen eine Demonstration zum Abschluss des geplanten Camps, zu der neben Rheinmetall Entwaffnen auch viele weitere Gruppen und die Linke-Bundestagsabgeordnete Lea Reisner aufrufen, ebenfalls ein Verbot geprüft werde.

»Wir werden Armin Papperger höchstpersönlich mit dem Schicksal der Familien konfrontieren, die in Gaza und Jemen durch Rheinmetall-Waffen Angehörige verloren haben.«

Dina Pütz Bündnis Rheinmetall Entwaffnen

Die von Rheinmetall Entwaffnen angemeldete »Parade gegen den Krieg« am 30. August soll den Abschluss der Aktionswoche gegen die Militarisierung der Gesellschaft bilden. Sie soll in der Kölner Innenstadt starten und an der Konrad-Adenauer-Kaserne enden, wo sich das Rekrutierungscenter der Bundeswehr befindet. Dort stationierte Soldaten wollen die Antimilitaristen zum Desertieren auffordern und ihr Nein zur Wehrpflicht, »zum Werben fürs Töten und Sterben und zur militaristischen Propaganda laut kundtun«, wie es im Demo-Aufruf heißt.

Andi Koch bestätigt gegenüber »nd«, dass auf der Parade auch die Solidarität mit der seit fast zwei Jahren unter der Kriegsführung der israelischen Armee leidenden Bevölkerung in Gaza eine wichtige Rolle spielen soll. Im Demo-Aufruf heißt es: »In Zeiten genozidaler Kriegsführung kann es keinen anderen Platz als an der Seite der Palästinenser*innen und für das Recht auf Leben geben.«

Das antimilitaristische Camp soll auf einer Wiese am Kölner Fernsehturm Colonius stattfinden und am 26. August beginnen. Koch ist sehr zuversichtlich, dass das Verbot einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten wird. Nils Spörkel, Anwalt der Camp-Veranstalter, hat bereits eine Eilklage gegen das Verbot eingereicht.

Unterdessen hat die Gruppe eine weitere Demonstration angekündiet. Am 28. August wolle man dem Chef des Rheinmetall-Konzerns, Armin Papperger, »auf die Pelle« rücken, um »gegen Krieg, Tod und Aufrüstung zu demonstrieren«, teilten die Antimilitaristen am Mittwoch mit. Nach Angaben von Andi Koch ist diese Demo ebenfalls bereits angemeldet. Angesichts dessen, dass deren Ziel der Privatwohnsitz von Papperger im Kölner Stadtteil Meerbusch ist, dürfte es vermutlich mindestens die Auflage geben, eine andere Route zu wählen.

Vorerst erklärte Dina Pütz von Rheinmetall Entwaffnen, man wolle in einem »Haustürgespräch« Papperger »höchstpersönlich mit dem Schicksal der Familien konfrontieren, die in Gaza und Jemen durch Rheinmetall-Waffen Angehörige verloren haben oder selbst schwer verletzt wurden«. Er trage »persönliche Verantwortung« für »unzählige tote Zivilisten«. Man wolle ihn unter anderem fragen, wie lange er noch die Kooperation mit dem israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems aufrechterhalten wolle. Wer wie Papperger die Öffentlichkeit suche, müsse »sie auch ertragen«, begründet Pütz den geplanten Besuch bei dem Mann, der in Interviews eher als Sicherheitsexperte denn als Aufrüstungsprofiteur behandelt wird.

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