Sieg im Olympischen Dorf von 1936

Die DKB-Stiftung zeichnete Ideen für den Neubau eines Empfangspavillons in Elstal aus

Der Ort sei geschichtlich schwierig, aber politisch interessant, denkt Petra Kahlfeldt über das Olympische Dorf von 1936 in Elstal (Havelland). Die DKB-Stiftung als Eigentümerin des Areals veranstaltete einen Ideenwettbewerb für ein neues Empfangsgebäude. Professorin Kahlfeldt stand dem Preisgericht vor. 428 junge Architekten und Studenten aus Deutschland und dem europäischen Ausland hatten 127 Entwürfe eingereicht.

Am Freitag zeichnete die Stiftung im Foyer der Deutschen Kreditbank AG in der Berliner Taubenstraße die Sieger des Wettbewerbs aus. Hier konnte es nicht um eine extravagante Ausführung gehen, betonte Kahlfeldt. Notwendig sei ein angemessener Umgang mit der Geschichte.

Den mit 3000 Euro dotierten ersten Preis erhielten Frank Käppliner und Carsten Streb. Die Absolventen der Technischen Universität Dresden überzeugten nicht zuletzt mit dem vorgeschlagenen Standort im Norden des denkmalgeschützten Ensembles. Der historische Empfangspavillon, von dem nur noch ein kleiner Rest existiert, befand sich im Süden. Der Zugang von dort ist inzwischen aber von einer vierspurigen Bundesstraße verstellt. Auch wäre das historische Haus nicht für den modernen Zweck geeignet. Das neue Empfangsgebäude soll als Ausgangspunkt für die täglichen Führungen und als Kasse dienen, Toiletten aufnehmen und Platz für Ausstellungen, Vorträge und Filmvorführungen bieten. Bei den Ausmaßen des von ihnen entworfenen Gebäudes und bei der Form des Daches orientieren sich Käppliner und Streb an den alten Mannschaftshäusern, von denen längst nicht mehr alle stehen. Beim Material lehnen sie sich an die Betonteile der später für die sowjetischen Truppen gefertigten Plattenbauten an.

Auffällig an dem Plan der Dresdner Architekten ist eine große Glasfront. Ein Statiker versicherte extra, dass sich diese Front trotz fehlender Pfeiler realisieren lasse. Das Glas soll das jahrzehntelang abgeschottete Gelände auch symbolisch für Besucher öffnen. Eine bewusste gestalterische Antwort auf die faschistische Diktatur stellt dies aber nicht dar. Daran hat man laut Streb nicht gedacht.

Das olympische Dorf sei einst von Fans für die Bedürfnisse des Sports konzipiert worden, erzählte DKB-Stiftungsvorstand Martin Honerla. Es handele sich nicht um typische Nazi-Architektur, wenn man einmal von einem einzigen Relief absehe. Als Protzbau könne höchstens das Hindenburg-Haus verstanden werden. Der Speisesaal der Nationen beispielsweise habe sein Vorbild in einem Krankenhaus in Essen gehabt, das lange vor 1933 entstand.

Trotzdem ist das Olympische Dorf keinesfalls unbefleckt. Immerhin fungierten von 1934 bis 1936 zunächst die Reichswehr und dann die Wehrmacht als Bauherren. Die Nachnutzung als Kaserne – es rückte ein Infanterielehrregiment ein – war von Anfang an vorgesehen. Der Speisesaal hatte den Zweck, nach den Olympischen Spielen als Lazarett zu dienen. Diese Bestimmung des Dorfes stand im Zusammenhang mit der geplanten Vergrößerung der Streitkräfte und darf deshalb mit der Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs in Zusammenhang gebracht werden.

Zwar wohnte der Star der Olympischen Spiele – zum Ärger Hitlers der farbige US-Amerikaner Jesse Owens – in einem der erhaltenen historischen Mannschaftshäuser. Das deutsche Team kam nur neben dem Olympischen Dorf in damals bereits bestehenden Kasernen unter. Wie die Nazi-Propaganda die bereits vor 1933 nach Berlin vergebenen Spiele für sich ausschlachtete, ist aber bekannt. Der Gedanke der Völkerverständigung blieb Fassade. Parallel zu den Spielen wurde im Norden Berlins mit dem Aufbau des KZ Sachsenhausen begonnen.

Wann der Siegerentwurf realisiert wird, ist unklar. Es wird wohl noch Jahre dauern und es wird Veränderungen geben. Zu Anpassungen zwinge die Tatsache, dass es noch kein Baurecht für das Gebiet gebe, erläutert Honerla. Indes sieht der für Elstal zuständige Bürgermeister von Wustermark, Bernd Drees (SPD), im Baurecht kein Hindernis. Problematisch sei dagegen die Verkehrsanbindung. Im Norden gebe es nur eine enge Siedlungsstraße. »Da müssen wir etwas machen.«

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