Abschiebegefängnis in Mönchengladbach könnte doch kommen

Trotz einer Intervention des Bundes hält die NRW-Regierung an ihren Knastplänen fest

  • David Bieber
  • Lesedauer: 3 Min.
Blick auf eine »Unterbringungsanstalt für Ausreisepflichtige«, wie Politiker*innen Abschiebegefängnisse gerne beschönigend nennen.
Blick auf eine »Unterbringungsanstalt für Ausreisepflichtige«, wie Politiker*innen Abschiebegefängnisse gerne beschönigend nennen.

Erst sollte der Abschiebeknast in Mönchengladbach unbedingt kommen, dann hieß es in der vergangenen Woche, dass die Pläne gestoppt seien. Nun bestätigt NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) »nd«: die schwarz-grüne Landesregierung hält »aktuell an den Planungen zur Errichtung einer Unterbringungsanstalt für Ausreisepflichtige« fest.

Dieses Hin und Her kritisiert die Opposition scharf, allen voran die SPD. Dabei gehe es nicht nur um die politische Bedeutung des Projekts, sondern auch um die hohe Summe von 200 Millionen Euro. SPD-Fraktionsvize Lisa Kapteinat forderte daher, den aktuellen Planungsstand am Mittwoch im Integrationsausschuss klarzustellen. »Fluchtministerin Paul muss endlich Stellung beziehen und erklären, wie es mit ihrem Prestigeprojekt weitergeht.«

Erst vor wenigen Tagen hatten die Stadt Mönchengladbach sowie das Flüchtlingsministerium deutlich gemacht, dass es einen Interessenskonflikt gebe bei der Umwandlung der ehemaligen Nato-Kaserne in einen Abschiebeknast (samt Neubau) mit Platz für 140 ausreisepflichtigen Insassen. Schließlich habe der Bund aufgrund der politischen Großwetterlage erklärt, die Konversion militärischer Anlagen hin zu zivilen erst einmal zu stoppen. Das Bundesverteidigungsministerium soll anschließend bei der Stadt Mönchengladbach eine militärische Weiternutzung der Militäranlage angemeldet haben.

Argumentiert wurde, »dass durch die erforderliche Aufwuchs- und Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte Bedarfe an Liegenschaften entstehen werden«, wie es in einem Schreiben heißt, aus dem etwa die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« zitiert. Folglich dürfe die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) keine Liegenschaften mehr veräußern, »bevor diese für Zwecke der Verteidigung geprüft wurden«. Bundesweit sollen derzeit 183 einstige militärische Liegenschaften noch einmal überprüft werden, ob sie überhaupt freigegeben werden können für eine zivile Nutzung.

Jetzt aber eine neue Wendung: Der Abschiebeknast in Mönchengladbach-Rheindahlen soll doch kommen. Selbst das Verteidigungsministerium ist involviert in die Landesangelegenheit. Aktuell liefen daher intensive Gespräche auf allen Ebenen, »ob und in welchem Umfang die Flächen für eine militärische Nutzung infrage kommen«, erklärte die Stadt Mönchengladbach.

Das Flüchtlingsministerium teilte »nd« mit, dass man trotz der »laufenden Prüfungen bundeseigener Liegenschaften durch das Bundesverteidigungsministerium hinsichtlich der Interessen der Landesverteidigung« an dem Abschiebeknast festhalte.

Konkret soll nun geprüft werden, ob dort auch eine militärische und zivile »Ko-Nutzung« möglich sei, berichtet der WDR. Schließlich brauche man ein zweites Abschiebegefängnis, so die Landesregierung, da die Kapazitäten in der bisher einzigen Haftanstalt für Ausreisepflichtige im Kreis Paderborn nicht mehr ausreichten. Auf dem Kasernengelände sollte neben dem Gefängnis des Landes auch noch ein nachhaltiger Gewerbepark der Kommune entstehen.

Massive Kritik am zweiten Abschiebeknast in NRW kommt aus der Zivilgesellschaft. Das Bündnis »Abschiebegefängnis verhindern« hatte noch vor zwei Wochen zu einer Diskussionsrunde in Mönchengladbach eingeladen, auf der klar wurde: Die Realität in Abschiebegefängnissen hat nicht viel mit der Darstellung der Bundes- und der Landesregierung zu tun.

Auf »nd«-Anfrage sagte das Bündnis, dort säßen keine Menschen mit Vorstrafen ein, die nach der Verbüßung abgeschoben werden, und auch nur selten sogenannte Gefährder. Für Letztere gebe es zudem ein spezielles Gefängnis in Berlin. Es gehe bei der Abschiebehaft immer um einen massiven Eingriff in die Menschenwürde und die Freiheitsrechte der Betroffenen – nicht um eine Erhöhung der Sicherheit für die Bevölkerung.

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