Warnungen aus Moskau

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.

Gleich zwei russische Außenminister warnten den Westen im Abstand von weniger als zwölf Stunden vor einem Spiel mit dem Feuer in Kosovo. Der gegenwärtige Amtsinhaber Sergej Lawrow sprach am gestrigen Vormittag vom Bruch des Völkerrechtes, Moskau werde da nicht mitmachen. Lawrow berief sich auf die UNO-Resolution 1244. Dort heißt es, ein Friedensplan, der den künftigen Status der Provinz regelt, bedürfe der Zustimmung beider Seiten. Serbien aber ist nach wie vor nur bereit, Kosovo maximale Autonomierechte zuzubilligen – und findet in Moskau dafür Unterstützung.

Eindringlich warnte auch Jewgeni Primakow, der während des Kosovo-Krieges Russlands Regierungschef, zuvor Außenminister und noch früher Chef der Auslandsaufklärung SWR war, den Westen vor einem Alleingang in Kosovo. Dadurch würde ein neuer Krieg auf dem Balkan losgetreten. Die NATO-geführte Friedenstruppe KFOR habe schon bei den Pogromen gegen die serbische Minderheit 2004 gezeigt, dass sie mit den Albaner-Milizen nicht fertig wird oder werden will.

Sobald der Westen Kosovo in die Unabhängigkeit entlasse, so Primakow Sonntagabend im russischen Staatsfernsehen, würde der Norden mit überwiegend serbischer Bevölkerung den Anschluss an Belgrad suchen. Bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen beiden Bevölkerungsgruppen seien dann unvermeidlich – selbst, wenn die serbische Armee nicht direkt eingreift. Auch würde das Kosovo-Problem, egal wie die Lösung ausfällt, Präzedenzrecht schaffen. Was den Albanern recht ist, so Primakow, sei anderen Separatisten-Regimes billig. Gemeint waren die Konfliktherde in den UdSSR-Nachfolgestaaten, vor allem in Berg-Karabach. Dort verläuft die Waffenstillstandslinie zwischen Armenien und Aserbaidschan in Sichtweite der Pipeline, die das Kaspi-Öl Richtung Westen zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan pumpt.

Der Westen, sagte Primakow, spiele daher in Kosovo mit dem Feuer. Auch, weil nach dessen Entlassung in die Unabhängigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Belgrad bei den nächsten Wahlen ein Präsident ans Ruder kommt, der sehr viel radikaler als Boris Tadic ist. Dessen Nachfolger könnte nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal einstellen, sondern womöglich neue Konflikte mit den anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens vom Zaun brechen.

Genauso sieht das auch Dmitri Rogosin, der Russland künftig bei der NATO vertreten soll. Westeuropa, meinte Rogosin schon Ende November bei Radio »Echo Moskwy«, sei in Kosovo jedoch nur begrenzt handlungsfähig. Diplomaten der EU-Staaten hätten ihm privat gesteckt, sie hätten einschlägige Gefahren durchaus erkannt, müssten sich aber Washington unterwerfen, das einen potenziellen Krisenherd in Europa brauche, damit dessen Bäume nicht in den Himmel wachsen.

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