Italiens Linke unterm Regenbogen vereint

Neuer »Dachverband« von Parteien könnte drittstärkste politische Kraft im Lande werden

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Italiens Linksparteien und die Grünen haben die Reihen geschlossen und eine Föderation geschaffen. Schon bei den nächsten Wahlen will man gemeinsam auftreten.

In Italien wurde am vergangenen Wochenende der Grundstein für ein neues politisches Subjekt gelegt. »Die Linke – der Regenbogen« heißt der Zusammenschluss zwischen den vier linken Parteien Rifondazione comunista (Kommunistische Neugründung), Comunisti Italiani (Italienische Kommunisten), Sinistra democratica (Demokratische Linke) und den Grünen. Zusammen haben sie eine Föderation geschaffen, die sich möglichst schon bei den nächsten Verwaltungswahlen im Frühjahr geschlossen den Wählern präsentieren will und sich als eine der stärksten Kräfte im Lande sieht.

Der Name hat für mehr als einen Lacher gesorgt: »Das klingt ja wie ein Filmtitel«, erklärte der Kabarettist Andrea Rivera. Dabei soll gerade der Regenbogen für das stehen, das wirklich alle vier Parteien vereint: die Einbettung in die weltweite Friedensbewegung mit ihrer »Pace«-Fahne. Sehr viel mehr Bauschmerzen bereitete einigen Delegierten aber das Symbol der neuen Formation. Zum ersten Mal seit fast 90 Jahren wird es keine Partei mehr geben, die Hammer und Sichel, die traditionellen Symbole für den Kampf der Arbeiter- und Bauern, in ihrem Logo trägt. Doch Diskussionen über diesen Punkt, der sicherlich für nicht wenige Delegierten schmerzhaft war, wurden erst einmal verschoben: »Wenn wir dann wirklich eine Partei sind, werden wir weiter sehen. Ich jedenfalls trage Hammer und Sichel in meinem Herzen«, sagte eine Frau aus dem »roten« Livorno, die mit einer riesigen roten Fahne angereist war.

Überhaupt wollte man in Rom erst einmal jene Aspekte in den Mittelpunkt stellen, die vereinen. Und das sind die großen Themen Gleichheit, Gerechtigkeit, Frieden, Dialog der Kulturen, Umwelt, Bildung, staatlicher Laizismus, Kritik an den patriarchalischen Modellen. Darin ist man sich einig und auf diesen Stützpfeilern aufbauend will man in den nächsten Monaten ein gemeinsames Programm ausarbeiten, das Ende Februar verabschiedet werden soll.

Einig ist man sich auch darin, dass man die Prodi-Regierung, der alle vier Parteien angehören und in der sie Minister stellen, weiter unterstützten will. Aber nicht unkritisch, wie alle Redner hervorhoben. »Im Januar«, erklärte zum Beispiel Franco Giordano, Sekretär von Rifondazione, »werden wir zusammen mit den anderen Koalitionspartnern die bisherige Umsetzung des Regierungsprogramms besprechen. Da werden wir unsere Themen noch einmal in den Vordergrund bringen. Und dann wird man sehen.«

Der bewegendste Moment am Wochenende war sicherlich der Auftritt von Pietro Ingrao, weit über 90 und »Urvaters« der italienischen Linken. In seiner Rede forderte er alle auf, möglichst schnell eine offizielle Partei zu gründen: »Ich wünsche mir, dass es mit der Einheit der Linken jetzt wirklich voran geht. Ich sage euch: Beeilt euch, weil eure Einheit drängt und das Land sie braucht. Die Probleme, die das Land hat, sind groß und man kann nicht länger warten.«

Während Pietro Ingrao eher die Vergangenheit der Linken repräsentierte, zeigte sich aber auch, wer der künftige Kopf der neuen Formation sein könnte. Wenn man nach den Reaktionen der Delegierten und dem lang anhaltenden Applaus für seine Rede geht, müsste das Nichi Vendola (Rifondazione) sein, Ministerpräsident der süditalienischen Region Apulien.

Ganz ohne Abspaltungen ging dieser erste Schritt des Einigungsprozesses aber nicht ab. Die Strömung »Kritische Linke« von Rifondazione hat ihren Austritt aus der Partei erklärt, ebenso wie der Europaabgeordnete der Italienischen Kommunisten Marco Rizzo. Trotzdem: Wenn man den Umfragen glauben will, ist »Die Linke – der Regenbogen« mit ihren 150 Parlamentariern nicht nur eine wichtige Kraft im Heute. Bei kommenden Wahlen könnte sie mindestens 15 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und wäre damit die drittstärkste politische Kraft im Land.

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