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Foto-Großlabore machen dicht

Cewe Color und Eurocolor schließen Standorte / 300 Entlassungen

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Der EU-weit tätige Fotodienstleister Cewe Color schließt in Schleswig-Holstein ein Großlabor, und die Konkurrenz tut es ihm gleich.

In Schleswig-Holstein verschwinden gleich zwei traditionsreiche Foto-Großlabore. Betroffen sind 300 Arbeitsplätze in Kiel und Bad Schwartau. Bei letzterem Standort handelt es sich um ein Zweigwerk des EU-weit tätigen Fotodienstleisters Cewe Color mit Hauptsitz in Oldenburg. Der hat zudem auch die Aufgabe aller Aktivitäten in Eise-nach (20 Beschäftigte) und in Frankreich (70) angekündigt.

In Kiel traf es zeitgleich Ende des Jahres auf einer Betriebsversammlung 120 Beschäftigte von Eurocolor, einem Ableger des japanischen Fujifilm-Konzerns. Begründet wer-den die Schließungen in allen Fällen mit dem rückläufigen Geschäft, seitdem die digitale Fotografie in immer mehr Haushalten Einzug hält. In der Landeshauptstadt werden nach Verlautbarungen der Fujicolor-Geschäftsleitung Ende Mai die Lichter ausgehen. Da ist es für die Belegschaft in Kiel ein schwacher Trost, dass es für alle Beschäftigten ab 1. Februar noch einmal 3,5 Prozent mehr Gehalt gibt, die in dieser Woche von der Tarifkommission in Hannover bundesweit verbindlich ausgehandelt wurden.

Auch für das Fujicolor-Werk im bayerischen Ansbach mit mehr als 100 Mitarbeitern hat die letzte Stunde geschlagen. Die Aufträge aus Kiel sollen künftig nach Hannover und Rostock, zwei von insgesamt acht Laborstandorten in Deutschland, gehen. Der Kieler Betriebsrat Eckehard Sieg und seine Mitstreiter wollen nicht kampflos das Feld räumen. Sieg versteht die Welt nicht: »Wir sind total ausgelastet, besitzen eine hohe Kompetenz und decken einen Großteil des skandinavischen Marktes ab. Bei einem Durchschnittslohn von 1500 Euro brutto bedeutet das Aus hier für alle den Gang in Hartz IV.« Der Skandinavien-Vertrieb soll mit 20 Angestellten weiter von Kiel aus stattfinden. In der Belegschaft fragt man sich, ob hier eine »Braut attraktiv« gemacht werden soll, bevor sie zum Verkauf ansteht?

In der Vorstadt Lübecks bei Cewe Color ist das ebenfalls Thema und die Stimmung mies. Ein Jahr vor dem 50-jährigen Werksjubiläum kommt das Aus. Die derzeitigen Auszubildenden sollen in Oldenburg ihre Lehrzeit beenden, für den überwiegenden Rest ist vorgesehen, »eine sozialverträgliche Lösung« zu finden, wie Unternehmenssprecherin Hella Hahm mitteilt. Bad Schwartau wie Eisenach sollen Ende April ihre Tore schließen. Betriebsrätin Ingeborg Wollenberg ärgert sich über Darstellungen, dass nur noch über die Höhe der Abfindungen gesprochen werden müsse. »Mit mir hat noch niemand geredet. Die Verhandlungen über einen Sozialplan haben nicht einmal begonnen.« Durch selbst erbrachte Opfer über die eigene Lohntüte hatten die Bad Schwartauer noch im Frühjahr des Vorjahres Ungemach des US-Finanzinvestors MarCap abwenden können. Die Hedgefonds-Attacken wurden zwar abgewehrt, ein Großlabor in Nürnberg blieb dabei auf der Strecke und musste schließen. Zuletzt war immer davon die Rede, den Hauptsitz in Oldenburg zu stärken. Cewe Color ist seit 1993 an der Börse platziert. Das Unternehmen ist in 24 europäischen Ländern aktiv.

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