Schloss Wörlitz hat krank gemacht

Gesundheitsgefährdung durch Holzschutzmittel wurde verschwiegen

  • Matthias Gärtner
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach Restaurierungsarbeiten am Schloss Wörlitz wurden zwei Handwerker schwer krank – die Baustelle war mit giftigem Holzschutzmittel kontaminiert. Obwohl die zuständigen Stellen davon wussten, wurden keine Arbeitsschutzmaßnahmen veranlasst.

Diese Baustelle wird der Berliner Restaurator Lukas Böwe sein ganzes Leben nicht vergessen. In der Zeit vom November 2002 bis zum Mai 2004 war er mit einem weiteren Kollegen an der Restaurierung des Schlosses Wörlitz in Sachsen-Anhalt beteiligt. Das Schloss gehört wie der gesamte Wörlitzer Park zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Kurz nach Beendigung der Arbeiten erkrankten beide Personen schwer. Sie verloren vollständig die Haare und litten unter häufigen Infektionen. Hinzu kamen Chlor-akne und neurologische und psychische Beeinträchtigungen. Die Folge war Arbeitsunfähigkeit. Auch über drei Jahre danach sind immer noch Krankheitssymptome vorhanden. Ärzte fanden heraus, dass die Krankheitserscheinungen die Folge einer chronischen Vergiftung durch das Holzschutzmittel »Hylotox« sind.

Dass die Gesundheitsschäden der beiden Handwerker mit den Arbeiten im Schloss Wörlitz unmittelbar zu tun haben, wurde durch das Auftauchen eines Untersuchungsberichtes der Merseburger Gesellschaft für Umweltsanierungstechnologien deutlich. Dieser vom Staatshochbauamt Dessau in Auftrag gegebene Bericht wurde ein halbes Jahr vor Beginn der Sanierung des Schlosses fertiggestellt. Er stellte fest, dass der Dachbereich des Schlosses mit hohen Konzentrationen DDT, Lindan und PCP kontaminiert und dies auf frühere Behandlung der Hölzer mit dem Holzschutzmittel »Hylotox 59« zurückzuführen ist.

Der dem ND vorliegende Bericht warnt: »Zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren, die aus der Kontamination resultieren, ist es wichtig, den direkten Kontakt über die Haut mit den kontaminierten Materialien sowie insbesondere die Aufnahme von kontaminiertem Staub über die Atemluft zu verhindern.« Vorgeschlagen werden umfangreiche Atem- und Hautschutzmaßnahmen. Dies alles wussten die mit der Sanierung betrauten Handwerker nicht, denn die im Bericht enthaltenen Ergebnisse und die daraus geschlussfolgerten Maßnahmen waren offensichtlich aus Kostenersparnisgründen nicht Bestandteil der Auftragsausschreibung. Das ergab jetzt die Antwort der sachsen-anhaltischen Landesregierung auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Stefan Gebhardt (LINKE). Sie weist allerdings jede Verantwortung von sich, da die Sanierung von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz als Bauherr direkt veranlasst wurde.

Die Kulturstiftung ihrerseits sieht es nicht als erwiesen an, dass ein Zusammenhang zwischen der Holzschutzbelastung und den gesundheitlichen Schäden vorliegt und macht mit dem Verweis auf anhängende Klageverfahren keine weiteren Angaben. Böwe und sein Kollege zogen vor Gericht. Ein erster Antrag auf Prozesskostenbeihilfe wurde allerdings vom Amtsgericht Dessau-Roßlau und vom Oberlandesgericht in Naumburg mit dem Verweis auf die Erfolglosigkeit einer Klage abgelehnt.

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