Pastor akzeptiert Strafe wegen Hassrede

Bremer Pfarrer will Gehaltskürzung nicht anfechten. Gemeinde: Kein Schuldeingeständnis

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Pastor Latzel vor dem Bremer Landgericht, wo gegen ihn ein Verfahren wegen Volksverhetzung lief
Pastor Latzel vor dem Bremer Landgericht, wo gegen ihn ein Verfahren wegen Volksverhetzung lief

Der wegen queerfeindlicher Äußerungen bekanntgewordene Bremer Pastor Olaf Latzel nimmt die deshalb gegen ihn von der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) verhängte Gehaltskürzung hin. Das hat die St.-Martini-Gemeinde mitgeteilt, in der der 58-Jährige wirkt. Zugleich betonte der Gemeindevorstand, dies sei nicht als »Schuldeingeständnis« zu werten. Vielmehr wolle man »dieses unsägliche Disziplinarverfahren« nach fünf Jahren zu einem Ende bringen, um Latzel und seine Familie zu entlasten, heißt es in einem Schreiben.

Darin erhebt die Gemeinde zugleich Vorwürfe gegen die BEK und stellt sich unter Verweis auf die eigene Auslegung der Bibel hinter die ablehnende Haltung ihres Hirten gegenüber Homosexualität. Latzel hatte im Oktober 2019 in einem sogenannten Eheseminar unter anderem von sich gegeben: »Der ganze Gender-Dreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch.« Die queere Bewegung nannte er eine »teuflische Homo-Lobby«. Auch den CSD setzte der evangelische Geistliche seinerzeit auf den verbalen Scheiterhaufen: »Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.« Diese Tiraden brachten ihm den Titel »Hassprediger« ein.

Seine Giftigkeiten gegen die LGBTI-Gemeinschaft brachten Latzel wegen Verdachts der Volksverhetzung vor das Bremer Amtsgericht. Dort versuchte er, sich mit Wortklauberei herauszureden: Er sei missverstanden worden, sagte er. Zwar lehne er die homosexuelle Lebensweise aufgrund biblischer Aussagen ab, habe aber nichts gegen Homosexuelle. Die Richterin hielt dem Beschuldigten entgegen, Homosexualität sei »ohne Menschen nicht vorstellbar«. Sie wertete Latzels Äußerungen als Stimmungsmache, die als Aufruf zu Handlungen gegen Homosexuelle verstanden werden könne. Das Urteil lautete auf 8100 Euro Geldstrafe.

Latzel legte Rechtsmittel ein, es kam zur Berufungsverhandlung am Bermer Landgericht, in der sich der Pastor für das Gesagte entschuldigte. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 5000 Euro an das Bremer Zentrum für queeres Leben »Rat und Tat« eingestellt, wozu sich Latzel bereiterklärte.

Die queerpolitische Sprecherin der Bremer Linksfraktion, Maja Tegeler, forderte die BEK auf, endlich Konsequenzen zu ziehen und Latzel nicht weiter die Möglichkeit zu geben, »von seiner Kanzel gegen queere Menschen zu hetzen, sondern den homofeindlichen Pastor endlich auszuschließen oder ihn zumindest des Dienstes zu entheben«.

Entsprechende Möglichkeiten hätte die BEK gehabt, als sie gegen den Theologen ein Disziplinarverfahren in Gang setzte. Ein solches kann Folgen wie ein Predigtverbot oder einen Ausschluss aus der Kirche, aber eben auch nur ein gekürztes Gehalt haben. Zu letzterem entschied sich der zuständige Ausschuss der Kirchenleitung schließlich.

Erst Ende Mai verkündete die BEK, man habe sich für eine Kürzung der Bezüge Latzels um fünf Prozent für vier Jahre entschieden. »Diese Maßnahme trägt der Schwere des Verstoßes durch seine Äußerungen Rechnung und soll ihm über vier Jahre hinweg als Erinnerung und Mahnung für sein Fehlverhalten dienen«, erklärte die Landeskirche. Auch das im Rahmen der Disziplinarmaßnahme einbehaltene Geld geht nach Angaben der Kirchenleitung an Organisationen, die als Anlaufstelle für queere Menschen dienen. Latzel hatte vier Wochen Zeit, Rechtsmittel dagegen einzulegen.

Der Theologe ist in Bremen schon lange für seine erzkonservative Haltung bekannt. Er lehnt die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und die Frauenordination ab. Einer Pastorin wurden 2008 bei einer Trauerfeier in der St.-Martini-Kirche der Auftritt im Talar und eine Predigt von der Kanzel verweigert. Im Januar 2015 hetzte Latzel in einer Predigt derart gegen Islam, Katholizismus und Buddhismus, dass im Anschluss Dutzende Pastoren eine Demonstration veranstalteten. Der Schriftführer der BEK, Renke Brahms, nannte die Äußerungen in der Predigt »geistige Brandstiftung«. Die Formulierungen seien »unerträglich und dazu geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerber Vorschub zu leisten«.

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