»Kein System wird heilig gesprochen«

Christian Führer predigte für Ausreisewillige und Arbeitslose – jetzt geht der Leipziger Nikolaipfarrer in Rente

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: ca. 6.5 Min.

Christian Führer gilt als einer der Köpfe des Wende-Herbstes 1989. Darauf hat sich der Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche nie ausgeruht. Er betete für Arbeitslose und ging gegen Nazis auf den Ring. Jetzt wird er 65 und damit Rentner.

Der Glaube ist einem Kirchenmann natürlich das Wichtigste. Der Humor aber, sagt Christian Führer, dürfe auch im Gotteshaus auf keinen Fall zu kurz kommen. Im Februar 1988, erinnert sich der Leipziger Nikolaipfarrer, habe er vor 600 Ausreisewilligen gesprochen. Viele waren unsicher, zweifelnd, ängstlich. Als Führer daher Jesus zitierte, der seine Jünger gefragt habe: »Wollt ihr auch weggehen?«, habe in der Kirche bedrückte Stille geherrscht. Der Pfarrer überlegte kurz – und zitierte dann Psalm 65: »Du machst«, heißt es dort über Gott, »fröhlich, was da lebet im Osten wie im Westen.« Die Antwort war ein befreiendes Lachen, auch wenn nicht jeder glaubte, dass die Bibelstelle nicht erfunden war.

Ihr seid das Salz und nicht die Creme

Christian Führer ist einer, der Menschen aus Bedrängnis aufhilft und ihnen auch mit schelmischem Witz neuen Mut gibt – im Osten wie im Westen. Als Leipzig noch in der DDR lag, suchten Ausreisewillig...


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