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Alles Terror – oder was?

In Berlin zeigt eine Ausstellung, dass Terrorismus ganz viele Bedeutungen haben kann

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Was eigentlich ist Terrorismus, fragte das Einstellungsbündnis und schrieb einen Wettbewerb aus. In Berlin sind jetzt einige Antworten auf diese Frage in Bild und Text zu sehen.
Alles Terror – oder was?

Gleißendes Scheinwerferlicht empfängt die Besucher, die sich bis in den vierten Stock des Tacheles in Berlin-Mitte durchgeschlagen haben, denn kein Hinweisschild hat bis hierher weitergeholfen. »Jetzt noch durch die Tür, von der es so unangenehm in die Augen blendet. Also, Augen zu und durch.« Geschafft, da ist sie: Die Terrorausstellung. Viele Monate lang hat das Bündnis zur Einstellung der Berliner 129(a)-Verfahren humoristische, juristische und politische Beiträge gesammelt. Eingereicht wurden über 100 Beiträge: Audiostücke, Videofilme, Plakate, Gedichte, Bilder, Gedanken und Abhandlungen über die Definition von Terrorismus. Herausgekommen ist eine lohnenswerte Ausstellung, die zeigt, 30 Jahre nach dem »deutschen Herbst« ist das Thema Terrorismus präsenter denn je.

Eingerahmt von Papp-Videokameras gibt die Ausstellung verschiedenen Sichtweisen auf den Terrorismus-Begriff Raum. Nachdenken lässt sich trefflich über viele der Exponate. So heißt es in einem Text: »Die Beteiligung an Ausplünderung und Ausbeutung des Trikonts ist kriminell – Die gesetzlich legitimierte Verarmung weiter Bevölkerungsteile durch Hartz IV ist kriminell – Die Abschottung Europas gegen Flüchtlinge und die Inkaufnahme von Toten ist kriminell – Die verdachtsunabhängige Kontrolle und Überwachung der Bevölkerung ist kriminell – Der Ausbau militärischer Infrastruktur gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit ist kriminell – Das Führen von völkerrechtswidrigen Angriffskriegen ist kriminell – Die zunehmende Militarisierung deutscher Innen- und Außenpolitik ist kriminell – Was ist dagegen ein versuchter Brandanschlag?«

Das Videokollektiv KanalB hat sich der Frage vor dem Bundeskriminalamt angenommen. Ihr fünfminutiger Beitrag zeigt, was die Menschen dort auf der Straße zur Frage »Was ist Terrorismus?« zu sagen haben. Deutlich wird hier wie in der gesamten Ausstellung: Die Sicherheitspropaganda von Innenminister Schäuble und anderen führt bei vielen Menschen eher zu Kritik gegenüber dem Sicherheitsstaat. Neben vielen Texten, die sich mit den verschiedenen Definitionen und Sichtweisen von Terrorismus auseinandersetzen, sind vor allem Bilder und Plakate zu sehen. Doch die lassen sich schwer beschreiben, der Witz einer guten Karikatur überträgt sich nicht einfach auf Computertasten. Deshalb: hingehen, hingucken, diskutieren.

Das Einstellungsbündnis unterstützt die Beschuldigten in den Berliner mg-Verfahren. Ende Juli 2007 waren vier Männer verhaftet worden, denen mit drei weiteren Beschuldigten vorgeworfen wird, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung, der militanten gruppe (mg), zu sein. Im Oktober hob der Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen Andrej H. auf, Ende November wurden auch die drei Anderen gegen die Zahlung einer Kaution freigelassen. Wann ein möglicher Prozess vor dem Berliner Oberlandesgericht beginnen könnte, ist weiterhin unklar. Diesen Monat sind drei Zeugen direkt vor den Ermittlungsrichter nach Karlsruhe geladen. Solange weiter ermittelt wird, ist mit einer Anklageschrift nicht zu rechnen.

Ausstellung »Terrorism ist it!«, bis 13. April täglich 15 bis 20 Uhr im Berliner Kunsthaus Tacheles, Neue Galerie, 4. OG, Oranienburger Str. 54-56a, vom 14. bis 21. April mit politischem Begleitprogramm im Bethanien/»New Yorck59«, Mariannenstr. 2.

einstellung.so36.net

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